Die für die Verteilung der milliardenschweren Coronahilfen zuständige Cofag (Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes) ist von März 2020 bis Juni 2021 vom Rechnungshof (RH) geprüft worden. Im Rohbericht soll ein erschreckendes Bild gezeichnet werden, berichtet die Wiener Wochenzeitung "Falter" und der "Standard". Auf diesen 196-seitigen Rohbericht kann die Cofag noch antworten, danach wird ein offizieller Bericht erstellt.

17 Mrd. Euro an Hilfen und Garantien hat die Cofag bis Ende Juli ausgezahlt oder gewährt. Der Rechnungshof spricht von einem "erheblichen Risiko für Überförderungen". Die Einrichtung der Cofag sei wenig "zweckmäßig", heißt es laut "Falter" vom RH.

Keine Abwägung der Alternativen

Für einen Tagsatz von 4032 Euro sollen Rechtsanwälte der Wiener Sozietät Schönherr den "Entwurf des Auftrags des Finanzministers zur Gründung der Cofag" erstellt haben. Einen rechtlichen Auftrag vom damaligen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) für Schönherr habe es nicht gegeben. Die Rechnungsprüfer hätten sich später auf persönliche Mitschriften der späteren Cofag-Geschäftsführer verlassen müssen, weil im Finanzministerium die Schritte nicht dokumentiert worden seien. Zwischen 12. und 14. März 2020 wurde der Entwurf erarbeitet, am 15. März im Nationalrat beschlossen. Die zuständige Finanzabteilung im Ministerium von Blümel sei kaum eingebunden worden.

"Die Cofag entstand binnen weniger Tage ohne nachvollziehbare Dokumentation der Willensbildung und Entscheidungsfindung im Finanzministerium sowie ohne ein Mindestmaß an Begründung und Abwägung der Alternativen", schreibt der Rechnungshof laut "Falter".

Vom März 2020 bis Juni 2021 soll die Cofag Beraterleistungen in Höhe von 21 Millionen Euro zugekauft haben. Vier Millionen seien allein in Rechtsberatungen geflossen, davon wiederum 2,57 Mio. Euro für Leistungen von Schönherr. Externe Berater sollten eigentlich nur "allfällig" zugezogen werden, so der Rechnungshof.

"Unzureichend und verbesserungswürdig"

Blümel und dessen Sprecher hatten stets betont, wie dringend man handeln habe müssen, was auch gelungen sei. Wozu es mit der Cofag eine neue Abwicklungsstelle gebraucht habe, warum das BMF nicht Finanzämter beauftragt hat, die über alle Unternehmensdaten verfügen oder die staatliche Förderbank AWS? Von der Beantwortung dieser Fragen habe die historische Corona-Notlage das Finanzministerium nicht entbunden, schreiben die Rechnungsprüfer.

Das Kabinett habe es verabsäumt, "Fachwissen und Erfahrung" aus dem Finanzministerium zu ziehen, moniert der Rechnungshof. Teilweise ohne Leistungsbeschreibung, ohne zweites Angebot, ohne schriftlichen Auftrag hätten vor allem Rechtsanwälte an Gesetzesentwürfen gearbeitet und die Cofag entworfen: "Unzureichend und verbesserungswürdig", so der RH.

Die Opposition hatte – neben der Bezüge des inzwischen nicht mehr in der Cofag tätigen früheren Geschäftsführers Bernhard Perner, die sogar in der Kritik der kleineren Regierungspartei der Grünen standen – stets auch kritisiert, dass sie vom Informationsfluss bei der Cofag ausgeschlossen sei. Ein verlangter Unterausschuss zum Budgetausschuss wurde ihr von den Regierungsparteien ÖVP und Grüne verweigert. Diese verwiesen stets auf genügend mögliche Information im Cofag-Beirat. Ihre Sessel dort ließen SPÖ, FPÖ und Neos aber wiederum aus Protest unbesetzt. Mit parlamentarischen Anfragen – 17 an der Zahl – hatten sie sich die Zähne ausgebissen und keine Antworten zu Beraterkosten, Hilfszahlungen und Co erhalten.

80.000 Euro vom Ex-Cofag-Chef gefordert

Perner sei als vorläufig interimistischer Cofag-Geschäftsführer auf doppelter Gehaltsschiene gefahren, so der "Falter". 280.000 Euro seien im "Rumpfjahr" 2020 von der Abbag gekommen, 175.000 Euro habe die Cofag dazugegeben. Das sei geschehen, obwohl Perner – er war seit 2016 Geschäftsführer der Bankenabbaugesellschaft Abbag – laut Arbeitsvertrag mit der Abbag Dienste bei Töchtern wie eben der Cofag ohne zusätzliches Entgelt leisten müsste. Der Rechnungshof empfiehlt nun der Regierung, eine Rückzahlung von 80.000 Euro von Perner zu fordern.

Bernhard Perner (links) leitete die Cofag
Bernhard Perner (links) leitete die Cofag © APA/ROBERT JAEGER

Gegenüber dem "Standard" ging Perner davon aus, dass alle Verträge rechtlich korrekt seien. Der Abbag-Aufsichtsrat habe aber bereits eine unabhängige Prüfung eingeleitet, nach deren Ergebnis er sich richten werde, "allenfalls zahle ich auch zurück". Allerdings, so der Manager: "Jeder, hat gewusst, was ich tue, kannte die Verträge, die zu den Zahlungen führten, und ich habe sehr viel gearbeitet und war erfolgreich."

Dass Finanzminister Blümel Perners definitive Bestellung zum Cofag-Geschäftsführer außerdem vier Monate auf dem Schreibtisch liegen habe lassen, obwohl das den Fristen des Stellenbesetzungsgesetzes des Bundes widerspreche, habe Perner von März 2020 bis Dezember 2020 den Zuverdienst von 8750 Euro im Monat abgesichert. Erst dann seien die Einkommensverhältnisse geregelt worden. Perner wollte sich auf "Falter"-Anfrage dazu nicht äußern. Perner habe sich wegen der Personalunion als Eigentümervertreter der Abbag nicht als Geschäftsführer der Cofag "entlasten" können. Schlussendlich habe es vier Rechtsgutachten gebraucht, um den Jahresabschluss für 2020 rechtmäßig fertigzubringen.

Ignorierte Interessenskonflikte

Die Rechnungsprüfer befürchten auch Interessenskonflikte im Aufsichtsrat der Cofag. Der muss Förderungen, die 800.000 Euro übersteigen, absegnen. Dafür müssen die Antragsteller Einsicht in die Bilanzen geben. Wer schon vor der Pandemie in finanziellen Schwierigkeiten steckte, muss mögliche Veräußerungsobjekte offenlegen. "Es bestand das Risiko, dass Aufsichtsratsmitglieder aus Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie möglicherweise wettbewerbsrelevanten Informationen des antragstellenden Unternehmens Nutzen ziehen konnten", so der Rechnungshof laut "Falter".

Im ersten Jahr wendete die Cofag laut Bilanz 405.186 Euro für den Aufsichtsrat auf. Der Aufsichtsrat hatte, mit einem Gutachten von Schönherr untermauert, auch eine Haftungsbefreiung durchgebracht. Ein Gesellschaftsrechtler der Rechtsanwaltskanzlei Schönherr habe als Aufsichtsrat-Schriftführer mit 125.000 Euro zu Buche geschlagen, so der "Falter".

Kritik über der Rechnungshof laut "Standard" auch an der Abwicklung der "Zuschussinstrumente", etwa daran, dass das Ministerium den Zuschussbedarf an die Branchenzugehörigkeit geknüpft habe und Kosten bevorschusst habe, die nicht oder kaum angefallen sind.

Unter den zehn größten Zuschussempfängern fanden sich laut Rohbericht übrigens vier Bergbahn-Gesellschaften. Und weil Konzerne für ihre unabhängigen Töchter Zuschüsse bekommen konnten (nur nicht den Fixkostenzuschuss I), kassierte ein Handelsbetrieb mit 47 Töchtern in Summe 16,2 Mio. Euro. Fast ein Fünftel aller Unternehmen musste sich mit weitaus weniger begnügen: mit weniger als 2500 Euro.