Johan Eliasch ist also für weitere vier Jahre Präsident des Internationalen Ski- und Snowboard-Verbandes (FIS). Richtig, das ist der neue Name der FIS, die auch das "Snowboard" in den offiziellen Namen aufnahm. Das noch vor der Wiederwahl des in Schweden geborenen Briten, der beim 53. Kongress in Mailand 100 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielt. So weit, so gut – hätten aber nicht einige Nationen, angeführt von Kroatien, aus Protest über die Wahlmöglichkeiten und die Art der Abstimmung, bei der Wahl den Saal verlassen.

Eliasch hatte das Amt im Juni 2021 vom verstorbenen Schweizer Gianfranco Kaspar übernommen. Bei seiner Wiederwahl war er der einzige Kandidat, die Abstimmung bei der Generalversammlung hätte daher nach Wunsch des Vorstandes per Akklamation stattfinden sollen – das kam aber anders. Insbesondere Kroatien  – ob der "Wegnahme" des Herren-Slaloms Anfang Jänner offenbar irritiert  – war strikt gegen dieses Vorgehen, forderte zum einen die Möglichkeit zur geheimen Wahl, zum anderen auch die Möglichkeit, nicht nur mit "Ja" (und dann auch mit "Nein") stimmen zu können, sondern sich auch der Stimme enthalten zu können. Als das nicht zustande kam, verließ der kroatische Delegierte Vedran Pavlek aus Protest den Raum und verweigerte die Abstimmung, einige andere folgten. Von den verbliebenen Delegierten erhielt Eliasch aber die höchstmögliche Unterstützung.

"Wir brauchen Veränderung, wir brauchen einen Wandel", reagierte der FIS-Chef auf das Vertrauen. "Das ist ein Abstimmungsergebnis, mit dem wir weiter in diese Richtung gehen können. Ich freue mich darauf." Das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Eingefädelt ist Johan Eliasch nicht, aber ganz ohne Innenskifehler, um im Jargon zu bleiben, ging die erste Wiederwahl des Unternehmers also nicht vonstatten. Dabei kann er von sich behaupten, 100 Prozent aller gültigen Stimmen bekommen zu haben und damit für weitere vier Jahre Präsident des Internationalen Ski- und Snowboard-Verbandes, wie die FIS sich nun nennt, zu sein.

Das Problem: Nur 70 Stimmen wurden abgegeben – von 117, die an diesem Tage offiziell als stimmberechtigt anerkannt waren. Und jene, die fehlten, sind zumindest teilweise auch die der großen Nationen. So verließ etwa auch der österreichische Skiverband den Saal, zumindest 14 weitere Nationen waren dabei. Welche es genau waren, das wird nicht verraten, es soll bei eventuellen juristischen Folgen noch eine Rolle spielen. Hintergrund: Zunächst wollte die FIS über den einzigen Kandidaten Johan Eliasch nur "per Akklamation" abstimmen lassen. Das wurde abgeschmettert, weil eben 15 Nationen den Antrag auf eine "geheime Abstimmung" einbrachten; der Folgeantrag, auch mit "Nein" abstimmen zu können, wurde aber gar nicht erst zur Abstimmung gebracht – also verließen viele den Saal.

Auch die USA wurden abgestraft

Die Hoffnung, dass aber weniger als 50 Prozent der Delegierten mitstimmen, erfüllte sich nicht. Ein Spiel, auf das sich der 60-jährige Eliasch aber nicht einlassen wollte. "100 Prozent aller Stimmen, zwischen 60 und 100 Prozent, wenn man alles miteinrechnet", sagte er. Und: "Wir mussten den Statuten folgen. Das hat doch nichts mit meiner Wahl zu tun; letztlich hatten alle die freie Wahl." Das wird sich weisen. Gerüchten zufolge überlegen Österreich, aber auch Deutschland, die Skandinavier und die Schweiz, rechtliche Mittel gegen die Wahl.

So oder so: Ein echter Vertrauensbeweis für den neuen Präsidenten war die Abstimmung nicht. Und auch, dass der US-Vertreter Dexter Payne als einer von nur fünf Kandidaten nicht in das 18-köpfige Council gewählt wurde, gibt Anlass zu Spekulationen. Aber selbst der erhielt vier Stimmen mehr (absolut) als der wiedergewählte Präsident. Nur die Russin Elena Vjälbe (48) und Igor Mitjukow aus der Ukraine (50) erhielten weniger, das aber wohl aus politischen Gründen und dem Angriffskrieg der Russen und Einmarsch in der Ukraine ...

Immerhin sind die USA der größte Profiteur des "neuen" Kalenders, der für die Herren eine zweite US-Reise vorsieht. Ein Kalender, über den Eliasch nicht diskutieren will: "Er wurde vom Council einstimmig angenommen", sagte er. Dass sein Wunsch nach einer "Kombination neu" abgelehnt wurde, verschwieg er. Die USA seien aber alternativlos: "Der Skisport dort ist riesig, wird nur nicht mit der FIS assoziiert."
Überhaupt will Eliasch weiter an den von ihm forcierten Änderungen festhalten. Am "Concorde-Agreement", das die Basis für die zentrale Vermarktung der Weltcups durch den Verband ist. So schnell wie möglich, auch gegen den Willen der großen Verbände. Eliasch wies auf das (umstrittene) Gerichtsurteil hin, das der FIS uneingeschränkt alle Rechte für den Weltcup zuspricht. Das Problem: Ohne Veranstalter wird ihm das nichts nützen.

Seine erste, virtuelle Pressekonferenz – seit seinem Amtsantritt übrigens – geriet so eher zur Verteidigungsrede. Auch auf die Frage, warum er sich nicht wie versprochen aus der Skifirma "Head" zurückgezogen habe. "Das habe ich nie gesagt. Ich bin im Tagesgeschäft nicht involviert, stelle klar, dass ein Geschäftsführer eine ganz andere Rolle ist als ein CEO – und dass ich Aktionär bleibe, war immer klar."

Vor Eliasch' Wahl war der 80-jährige Schröcksnadel für seine lange Mitwirkung im FIS-Vorstand per Standing Ovations gedankt worden, später erfolgte einstimmig seine Ernennung zum Ehrenmitglied. Rot-weiß-roter Vertreter im Vorstand statt dem zuletzt als Vizepräsident amtierenden Tiroler ist nun ÖSV-Finanzreferent Ortlieb. Der Vorarlberger Abfahrtsolympiasieger von 1992 in Albertville schaffte es unter 23 Kandidaten sicher auf einen der 18 zu vergeben gewesenen Vorstandsplätze.

"Wir bleiben auf Kurs"

In der Pressekonferenz nach der Wiederwahl wurde er auch auf die aufkommenden Probleme der letzten Wochen angesprochen – und reagierte eher knapp. "Der alpine Weltcup-Kalender, über den viel geschrieben wurde, wurde einstimmig angenommen im Council", meinte Eliasch nur knapp und verteidigte auch, dass der Zirkus nach der WM ein zweites Mal in die USA reise. "Wir wollen die Reisen minimieren, ja. Aber an sich sollte eine Asienreise im Kalender sein, wir haben also eine Langstreckendestination durch eine andere ersetzt." In seinen, Eliasch' Augen sei es für den Sport von großer Wichtigkeit, die USA mehr einzubeziehen, eben so, wie es die Formel 1 derzeit tue. "Skirennsport ist in den USA durchaus groß, aber es wird eben nicht mit der FIS und dem Weltcup in Verbindung gebracht." Dass man nun die Chance habe, in Palisades Tahoe, vormals als Squaw Valley bekannt, und in Aspen zu fahren, sei großartig.

Ob alles langsamer vonstattengehe als erhofft? "Ich hatte keine Erwartungen, als ich angetreten bin. Ich kam von außen, ich war nur im Skirennsport involviert. Aber alle haben das Recht auf seine Meinung, das beste Argument soll am Ende aber gewinnen – und als Präsident muss ich das tun, was im besten Interesse aller 140 Mitglieder steht, nicht nur dem von einigen wenigen."

Eliasch bleibt Head-Aktionär

Das große Ziel, ein Concorde-Agreement, mithilfe dessen man die TV- und Werberechte am Weltcup zentralisieren kann, bleibe aufrecht: "Es bleibt ganz oben auf der Agenda, weil alle davon profitieren." Eliasch stellte auch klar, dass nun gerichtlich entschieden sei, dass es eben die FIS sei, die alle Rechte am Weltcup besitzt und nicht die Verbände. Trotzdem wolle man sich nun dem Problem mit dem Council zusammen nähern.