Der Verfassungsgerichtsgerichtshof (VfGH) hat gestern den Lockdown für Ungeimpfte Ende Jänner bestätigt. Die Entscheidung sorgt vor allem auf den sozialen Netzwerken für Aufregung, immerhin sei Omikron weniger gefährlich als die zuvor vorherrschende Corona-Variante Delta.

Die Regierung habe rasch auf eine neue Situation reagiert und dieser Basis eine "nachvollziehbare Entscheidung" getroffen, erklärte VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter heute im "Journal zu Gast" im Ö1-Mittagsjournal. Es sei nicht Aufgabe des VfGH, in einzelne, wissenschaftliche Studien hineinzulesen und diese zu beurteilen.

Der VfGH habe mit seinen Entscheidungen der Regierung einen "Persilschein" dafür ausgestellt, "die Kapazitäten unseres Gesundheitssystems weiterhin nicht ausbauen zu müssen und damit Lockdowns begründen zu können", kritisiert indes FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst. Um dem sinkenden Vertrauen in den Rechtsstaat entgegenzuwirken, fordert die blaue Abgeordnete die Veröffentlichung abweichender Meinung von Verfassungsrichterinnen und -richtern.

Bessere Verordnungen im Laufe der Pandemie

Es sei sichtbar, dass die Verordnungen des Gesundheitsministeriums im Laufe der Pandemie besser geworden seien, sagte hingegen der VfGH-Präsident. 2020 habe man "zunächst Verordnungen gehabt, die waren sehr, sehr dürr in der Aufbearbeitung". Als Beispiel brachte Grabenwarter Verbote für Kinderspielplätze in Graz: "Da war außer ein paar Zeilen E-Mail nichts da." Das habe sich mit Jahreswechsel deutlich gebessert. Bei den Verordnungen zu Distance-Learning und Masken und Schulen sei später hingegen die Entscheidung des Ministeriums sehr detailliert begründet worden.

Über 800 Beschwerden zu Coronamaßnahmen habe es gegeben, mehr als 600 hat der VfGH bereits abgearbeitet. Seit Jahresbeginn seien weitere 100 hinzugekommen, dieselbe Anzahl war auch erfolgreich, sagte Grabenwarter.

Sideletter "wünscht man sich nicht"

Seine eigene Bestellung zum Präsidenten des VfGH verteidigt der Verfassungsrichter: Im Sideletter der türkis-grünen Regierung erwähnt zu werden, "wünscht man sich nicht". Was sich die Parteien zu seiner Person ausgemacht hätten, war "nach Abschluss eines Bewerbungsverfahrens, das noch Bundeskanzlerin Bierlein gemacht hat". Es sei aber "eine Normalität in einer repräsentativen Demokratie, dass politische Parteien Vorschlagsrechte ausüben, wenn sie in der Regierung sind". Das Gesamtbild sei aber "kein glückliches".

Man müsse aber zurückweisen, dass politische Bestellungen auch zu einem eingefärbten VfGH führen würde. Das 14-köpfige Gremium sei von allen möglichen Parteien bestellt worden. Er selbst sei seit 2005 im VfGH, damals sei noch keiner der politischen Akteure von heute in der Politik gewesen. Außerdem würde sich das Gremium selbst kontrollieren.

Dass man direkt aus einem politischen Amt Verfassungsrichter werden kann, wie dies Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) getan hatte, hält er für "nicht richtig". Der VfGH-Präsident wünscht sich hier eine Abkühlphase, wie es sie für Präsident und Vizepräsident gibt. Auch Brandstetter selbst hatte seine eigene Bestellung rückwirkend als Fehler bezeichnet.

Der VfGH-Präsident bekräftigte zudem, dass er die Einführung eines weisungsfreien Bundesstaatsanwaltes nicht für unbedingt nötig hält. Das demokratische Prinzip sei maßgeblich in der Minister-Verantwortung verankert – und dazu gehöre auch, Weisungen erteilen zu dürfen. Diese müssten transparent und gesetzmäßig sein, und der Minister müsse dafür gerade stehen gegenüber dem Parlament. Vor diesem Hintergrund "finde ich nichts Negatives an der Weisungsbefugnis" der Justizministerin gegenüber den Strafverfolgungsbehörden, sagte Grabenwarter.