Nach schweren Vorwürfen gegen Robert Ziegler aus dessen Zeit als Chefredakteur hat dieser sein Amt als Direktor des ORF-Landesstudios Niederösterreich zur Verfügung gestellt. In einem Gespräch am Donnerstag nahm ORF-Generaldirektor Roland Weißmann, der "Respekt für den verantwortungsvollen Schritt" zeigte, das Angebot Zieglers an. Ziegler selbst sprach von einem "schweren Schritt zum Wohle des ORF-Niederösterreich".

Konkret wurde Ziegler vorgeworfen, dass er sich immer wieder massiv für TV-Präsenz von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) eingesetzt und eine Art Message Control zugunsten der Volkspartei betrieben habe. Die von Weißmann zur Klärung der Vorwürfe eingesetzte Evaluierungskommission beendete am Donnerstag ihre Arbeit, ihren Bericht wird sie am kommenden Montag dem ORF-Generaldirektor übergeben.

"Um weiteren Schaden abzuwenden"

"In einem persönlichen Gespräch mit Landesdirektor Robert Ziegler hat mir dieser, unabhängig vom Ergebnis des Berichts, das auch ich noch nicht im Detail kenne, und um weiteren Schaden vom Landesstudio Niederösterreich und vom ORF abzuwenden, angeboten, seine Funktion zur Verfügung zu stellen", erklärte Weißmann. Es sei ein verantwortungsvoller Schritt zum Wohle des Unternehmens, der Respekt abringe und der zeige, was es heiße, Verantwortung zu übernehmen, fuhr der ORF-General fort. "Ich nehme daher dieses Angebot von Robert Ziegler, der seit 25 Jahren in verschiedenen Funktionen im ORF sehr erfolgreiche Arbeit leistet, an."

Bis zur Bestellung einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers wird Radio-Direktorin Ingrid Thurnher interimistisch das Landesstudio Niederösterreich leiten. "Auch ihr danke ich für die schon in den vergangenen Wochen wahrgenommene Tätigkeit dort und für die Bereitschaft, nun bis zu einer Neubestellung das Landesstudio zu führen." Und weiter: "Ich danke der Kommission unter der Leitung von Gerhard Draxler, die in einer herausfordernden Situation unbeeinflusst und gewissenhaft ihrer Arbeit nachgegangen ist und dabei Dutzende Gespräche mit allen Beteiligten geführt hat. Dies ist ein Best-Practice-Beispiel dafür, wie schweren Vorwürfen ergebnisoffen auf den Grund gegangen werden kann."

"Zum Wohle des ORF"

"Zum Wohle des ORF und besonders des Teams des ORF-Niederösterreich habe ich mich entschlossen, Generaldirektor Roland Weißmann meine Funktion als Landesdirektor des ORF-Niederösterreich zur Verfügung zu stellen", erklärte Ziegler. Der Schritt falle ihm schwer, aber die "massive mediale Berichterstattung und die dadurch entstandene Belastung haben ein Ausmaß erreicht, das es mir unmöglich macht, mit voller Kraft die Funktion des Landesdirektors auszuüben". Das Band des Vertrauens mit einer Reihe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei gerissen, so Ziegler, den besonders schmerzt, dass "die Vorwürfe öffentlich gemacht wurden – anonym über mehrere Zeitungen". "Und das mehr als ein Jahr nach Beendigung meiner Chefredakteurstätigkeit und meiner Wahl zum Landesdirektor."

Hier seien offensichtlich schon über Jahre Informationen gesammelt worden, "um sie zu gegebener Zeit gegen mich zu verwenden". Er müsse zur Kenntnis nehmen, dass "eine Reihe von Redakteurinnen und Redakteuren in letzter Zeit Vorwürfe geäußert haben, mit denen sie mich in all den Jahren in diesem Ausmaß nie auch nur annähernd konfrontiert haben". Es tue ihm leid, wenn in den sechs Jahren als Chefredakteur "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Ansicht gekommen sind, ich hätte meine Funktion nicht adäquat ausgeübt".

Geleitet wurde die Evaluierungskommission vom ehemaligen ORF-Informationsdirektor sowie Kärntner Landesintendanten und Steirischen Landesdirektor Gerhard Draxler. Sie setzte sich aus folgenden weiteren Mitgliedern zusammen: Dem emeritierten Universitätsprofessor für Zivilrecht, Martin Schauer, dem Direktor des ORF-Landesstudios Wien, Edgar Weinzettl, der ORF-Compliance-Beauftragten Pia Scheck-Kollmann und der ORF-Personaljuristin Elma Osmanovic sowie den Mitgliedern des ORF-Ethikrats Gabriele Waldner-Pammesberger und Wolfgang Wagner.

"Der ORF-Redaktionsrat hat schon im Dezember die Suspendierung von Landesdirektor Ziegler gefordert. Wir sind erleichtert, dass es jetzt zu einem Neustart unter neuer Führung kommen kann. Mit seinem Rücktritt kommt er wohl einer Amtsenthebung zuvor", hielt der Vorsitzende des ORF-Redaktionsrats, Dieter Bornemann, im Gespräch mit der APA fest. Nicht äußern wollte er sich dazu, ob der Bericht der Evaluierungskommission veröffentlicht werden solle und ob für Ziegler künftig Platz im ORF sei. "Das ist Sache des ORF-Generaldirektors", so Bornemann.

Hickhack zwischen FPÖ-ÖVP

Die FPÖ bezeichnete den Rücktritt Zieglers in einer Aussendung als "längst überfällig". "Jetzt gilt es, diesen Skandal lückenlos aufzuarbeiten und die Verflechtungen zwischen ÖVP-NÖ und dem Landesstudio in St. Pölten endgültig zu kappen", wurde FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker zitiert. Die Causa Ziegler sei jedoch nur ein "Mosaikstein eines riesigen schwarzen Sittenbildes, da der totale Zugriff auf den ORF-NÖ schon zuvor begonnen habe", mutmaßte Hafenecker und hofft, dass sich die Evaluierungskommission auch mit der Tätigkeit von ÖVP-Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister befasst. Sie war bis 2015 ORF-NÖ-Chefredakteurin und damit Zieglers Vorgängerin. 2018 wechselte sie direkt vom ORF in die Niederösterreichische Landesregierung unter Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). "Diese Optik ist verheerend", meinte Hafenecker.

Auf Hafeneckers Aussagen reagierte Bernhard Ebner, Landesgeschäftsführer der ÖVP Niederösterreich. "Leider haben sich manche von Berufspolitikern zu Berufsdenunzianten fehlentwickelt - unter anderem ein Herr Hafenecker, der noch nie einen Finger für unser Land gerührt hat, aber fest auf andere zeigt und schimpft", konterte der Parteimanager in einer schriftlichen Stellungnahme. Die FPÖ würde mit ihren jüngsten Aussagen ankündigen, "mit welchem schlechten Stil wir die nächsten Jahre rechnen müssen". Es zeige sich, "mit welchem Hass sie weiter mit Dreck werfen in der Hoffnung, irgendetwas bleibt schon hängen".