Heute um 13 Uhr wollten sich die Fraktionen im ÖVP-U-Ausschuss noch ein letztes Mal zusammenraufen und weitere Befragungstage vor dem Ende am 1. Februar festsetzen. Daraus wird nichts: "Wir sind nicht bereit, uns weiterhin am perfiden Spiel von Kai Jan Krainer (SPÖ, Anm.) zu beteiligen", erklärte ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger – und verhinderte eine weitere Sitzung, in der weitere Befragungen im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss hätten beschlossen werden sollen.

Vier Fraktionen von Absage überrascht

Opposition und Grüne hatten sich am Dienstag auf Befragungen am 23., 27. und 30. Jänner geeinigt. Die Volkspartei hatte in der Woche vor der niederösterreichischen Landtagswahl aber keine Zeit mehr für den ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss und bat um Bedenkzeit bis zu einer Sitzung heute um 13 Uhr. Nun hat sich Hanger entschieden: "Wir werden den aktuellen SPÖ-Rundlauf nicht mittragen, da er in keiner Weise das Ergebnis der gestrigen Besprechung abbildet, sondern nur eine Zusammenfassung der Wünsche des Abgeordneten Krainer darstellt", ließ er in einer Aussendung wissen.

Damit blockiert der ÖVP-Fraktionschef die Sitzung, in der die weiteren Befragungstermine finalisiert werden sollten. Eine halbe Stunde vor 13 Uhr sah sich Nationalratspräsident und U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) daher gezwungen, die Sitzung abzusagen. Die Fraktionschefs von SPÖ, FPÖ, Neos und Grüne sind dennoch ins Parlament gekommen und haben dort über ihre weiteren Schritte beraten. Das Resultat: Am morgigen Donnerstag kommen die Fraktionschefs um 13 Uhr erneut zusammen. Damit, dass noch Auskunftspersonen erscheinen, rechnet aber eigentlich niemand mehr.

FPÖ ortet Anruf aus Niederösterreich: "Dreht's das ab"

Die ÖVP habe "um fünf vor zwölf" die anderen Fraktionen darüber informiert, dass sie nicht an der Sitzung teilnehmen werde, sagte SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer am Mittwoch vor Journalisten. Dadurch konnte die geplante Sitzung nicht stattfinden und weitere Beweisanträge der Grünen und der SPÖ nicht eingebracht werden. "Die ÖVP torpediert diesen Ausschuss seit Tag 1. So weit, dass wohl keine Befragungen mehr möglich sind", sagte Krainer. Da die Frist von zwei Wochen bis Ende Jänner nicht mehr eingehalten werden kann, seien rechtmäßige Ladungen nicht mehr möglich.

Für FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker scheint klar, weshalb die ÖVP heute nicht erschienen ist. "Da dürfte heute das türkis-schwarze Telefon geläutet haben, und Mikl-Leitner gesagt haben: 'Dreht's das ab'." Die ÖVP habe sich damit aus dem politischen Diskurs ausgeschlossen, nun sei es Zeit für eine ernsthafte Diskussion, "wie man sich in diesem Haus verhalten kann, und wie nicht".

Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper bezeichnete den heutigen Tag als "schlimmer als Kindergarten". Sie kritisierte abermals die "rot-schwarzen Streitereien", die dazu geführt hätten, dass nun keine Befragungen mehr möglich seien. Wie auch Nina Tomaselli (Grüne) bedauerte sie das "unrühmliche vermeintliche Ende des Ausschusses". Tomaselli erwartet sich, dass Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) um "eine Lösung bemüht ist, die weitere Beweisanfragen ermöglicht".

ÖVP sieht "perfides Spiel" und SPÖ als "Totengräber"

Unterdessen sieht ÖVP-Fraktionschef Hanger seinen Kollegen Krainer als "Totengräber der politischen Kultur in Österreich": Ausschlaggebend für sein Veto sei das Bekanntwerden einer Sachverhaltsdarstellung Krainers an die WKStA gewesen, sagt Hanger. Darin hatte der SPÖ-Fraktionsführer im November 20 Personen im Umfeld der ÖVP-nahen Eventagentur Media Contacta angezeigt. Der ÖVP-Abgeordnete vermutet, dass Krainer die Personen ohne deren Wissen angezeigt haben könnte, um im U-Ausschuss eine Falschaussage zu provozieren. Das sei "perfide" und "rechtsstaatlich sehr, sehr bedenklich".

"Seit Wochen" habe die ÖVP versucht in Erfahrung zu bringen, welche Auskunftspersonen Krainer an welchen Tagen laden wollen würde. "Das wollte er – aus sich nun offenbarenden Gründen – geheim halten", so Hanger. In der SPÖ kann man sich die Aufregung des ÖVP-Abgeordneten nicht erklären: Die Namen der zwölf Personen, die man noch befragen wollte, seien bekannt. Gegen einige der Personen – wie Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) – bestünden auch aktive Ladungsbegehren. In einem Brief an Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka vom 21. Dezember hatte man alle zwölf benannt und den 11., 18. und 25. Jänner als Befragungstage vorgeschlagen.

Diese gehen sich nun – offensichtlich – nicht mehr aus. Den drei Terminen am 23., 27. und 30. Jänner hätten allerdings auch FPÖ, Neos und Grüne zugestimmt. Auch die Ladung von Auskunftspersonen beschließt die SPÖ nicht im Alleingang. Der Ball liegt nun bei Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Krainer hatte ihn schon vor Weihnachten aufgefordert, selbst einen Arbeitsplan vorzulegen. Der Niederösterreicher will sich aber an die parlamentarische Usance der Einstimmigkeit zwischen allen Fraktionen halten. So konnte die ÖVP die heutige Geschäftsordnungssitzung blockieren. Und, wenn sich Sobotka nicht umentscheidet, auch die weiteren Befragungstage, auf die sich SPÖ, FPÖ, Neos und Grüne geeinigt hatten.