Akkordarbeit: Bei 16 getesteten Pkw-Reifentypen müssen die Pneus im Stundentakt gewechselt werden
Akkordarbeit: Bei 16 getesteten Pkw-Reifentypen müssen die Pneus im Stundentakt gewechselt werden © isp-grube.de
© ISP Wolfgang Grube (ÖAMTC)
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Es gibt da ein Wort, das Reifenkonstrukteuren schlaflose Nächte bereitet. Wie ein Rätsel, das einfach nie ganz gelöst werden kann: der Zielkonflikt. Ein Reifen schafft es nämlich nicht, alles zu können. Eine Eigenschaft geht immer zulasten einer anderen. Wenig Verschleiß heißt automatisch wenig Grip. Und sportliches Einlenken bedeutet auch immer schlechtes Dämpfungsverhalten. Das ist vor allem dann ärgerlich, wenn es sich um Modelle handelt, die womöglich so lange laufen sollten wie das Fahrzeug, auf das sie montiert sind: jene für Nutzfahrzeuge.

Nachdem der ÖAMTC beim letzten Vergleich von Sommerreifen erstmals auch Kandidaten für Lieferwagen und Klein-Lkw unter die Lupe nahm und es teils vernichtende Urteile gab, kamen dieses Mal 15 dieser Typen für die kalte Jahreszeit zum Zug. Gleichzeitig stellten sich die Pkw-Gummis von 16 unterschiedlichen Herstellern den Prüfungen, und die Ergebnisse könnten unterschiedlicher kaum sein. „In der Dimension 185/65 R15, die bei Kleinwagen sehr verbreitet ist, gibt es neben drei Reifen, die ‚sehr empfehlenswert‘ sind, ein breites Feld an ‚empfehlenswerten‘ Produkten. Umgekehrt ist es bei den Transporter- und Vanreifen der Dimension 205/65 R16C T, in der das Gros der Modelle nicht über ein ‚bedingt empfehlenswert‘ hinauskommt und vier Reifen mit ‚nicht empfehlenswert‘ beurteilt wurden“, sagt ÖAMTC-Reifenexperte Friedrich Eppel.


Als schwacher Trost kann aber gesehen werden, dass es beim Sommerreifentest vor einem halben Jahr noch desaströser ausgesehen hat: „Tatsächlich schneiden die Winterreifen für Transporter tendenziell etwas besser ab als ihre Sommer-­Pendants. Von 15 getesteten Modellen erreichen zwar nur drei ein ‚empfehlenswert‘ – bei den Sommerreifen waren es noch fünf Modelle. Allerdings sind gleichzeitig ‚nur‘ vier Reifen ‚nicht empfehlenswert‘, während der Großteil, acht Modelle, immerhin noch ‚bedingt empfehlenswert‘ ist“, fasst Eppel zusammen.

Die besten Transporterreifen im aktuellen ÖAMTC-Test kommen von Continental (VanContact Winter), Pirelli (Carrier Winter) und Michelin (Agilis Alpin), womit sich drei europäische Marken produkte durchsetzen konnten. Der Rest des Feldes tut sich interessanterweise bei unterschiedlichsten Fahrbahnbeschaffenheiten schwer, sei es bei Trockenheit, bei Nässe und vor allem auf Schnee.
Drei der vier „nicht empfehlenswerten“ Modelle (Sava Trenta M+S, Goodride SW612, Maxxis Vansmart Snow WL2) sind auf diesem besonders ­rutschigen Untergrund sehr schwach, beim BF Goodrich Activan Winter hingegen liegen bei den Nassgriffeigenschaften die Probleme. Wie sehr manche Hersteller mit dem eingangs erwähnten Zielkonflikt zu kämpfen haben, macht der Verlierer dieser Runde, der Maxxis Vansmart Snow WL2 besonders deutlich: Auf der weißen Pracht lieferte er die schlechtesten Ergebnisse. Bei trockener Bahn hingegen lagen nur zwei in der Wertung vor ihm.

Definitiv kann jedenfalls gesagt werden, dass dieses Dealen mit Kompromissen die Pkw-­Abteilungen in den Entwicklungszentren der Konzerne deutlich beherrschen. In der Kleinwagendimension konnten nämlich gleich drei Kandidaten, der Dunlop Winter Response 2, der Kleber Krisalp HP3 und der Pirelli Cinturato Winter auf der ganzen Linie punkten. Eppel: „Alle drei Modelle sind sehr ausgewogen und zeigen bei keinem Kriterium große Schwächen, die Beurteilung lautet daher ‚sehr empfehlenswert‘.“ Der Abstand zu den Modellen, die die Beurteilung „empfehlenswert“ einheimsen konnten, ist laut dem ÖAMTC-Experten aber nur gering. Hier machen nur leichte Schwächen in einzelnen Testkriterien den Unterschied.

Natürlich gibt es auch in dieser Kategorie nicht nur eine Rote Laterne: Ein „bedingt empfehlenswert“ kassierte der Sava Eskimo S3+, der die schwächsten Resultate auf trockener Bahn ablieferte. „Nicht empfehlenswert“ bekamen der Toyo Snowprox S943 als Beurteilung, weil er nur sehr schwache Leistungen auf Schnee zeigte, und der Davanti Wintoura, der ­große Defizite bei den Nassgriffeigenschaften offenbarte. Gleichzeitig muss dazugesagt werden, dass die Kriterien, die der Fahrsicherheit dienen, ­natürlich stärker bei der Beurteilung ins Gewicht fallen als zum Beispiel der Rollwiderstand oder das Fahrgefühl, bei deren Beurteilung die Testpiloten nur auf ihr Popometer hören. Diese Gewichtung ist es auch, die dem Davanti eine so schlechte Beurteilung eingebracht hat, denn beim Kapitel Verschleiß gibt es keinen, der besser abschnitt. Aber genau von diesem Zielkonflikt können die Reifeningenieure ein Liedchen singen.