Das erhabene Gefühl, etwas mitzugestalten. Am Puls der Zeit zu sein. Seinen Mitgliedern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen – wenn Klaus Edelsbrunner von seinen Beweggründen erzählt, wieso er den Posten des Bundesgremialobmanns angenommen hat, schwingt ein wenig Stolz unüberhörbar mit. „Es ist schon sehr interessant. Die Hauptaufgabe ist es aber, Gesetzestexte auf alles zu überprüfen, was die Branche betrifft. Und zu schauen, dass alles finanzierbar und durchführbar bleibt“, erzählt der Peugeot-Händler mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen.

Gleich zu Beginn seiner Obmann-Laufbahn musste er seine Feuertaufe durchstehen: „Wir haben gemeinsam mit dem Finanzministerium die neue Normverbrauchsabgabe ausverhandelt. Wir wussten schon genau, wie alles 2020 sein wird, und die Begutachtungsphase im Mai passte auch noch.“ Aber das Durchwinken durch das Parlament – eigentlich eine reine Formsache – ging in dem folgenden Wirrwarr von Rücktritten, Misstrauensanträgen und gegenseitigen Schuldzuweisungen, ausgelöst durch ein Video von einer spanischen Ferien­insel, dann völlig unter. Mit dem Ergebnis, dass die Interessensvertretung noch mehr zu tun hatte. Schließlich wäre jedes Neufahrzeug nach der Umstellung auf das weit strengere WLTP-Messverfahren empfindlich teurer geworden, da sich die NoVA ja nach dem Normverbrauch richtet. Wenn, ja wenn die Einstufung nicht neu ausverhandelt worden wäre: „Der jetzige Finanzminister meinte nur, er verlängert die bestehende Regelung um ein Jahr. Aber wir können mittlerweile sagen, dass es für eine Umstrukturierung der Abgabe für nächstes Jahr gut aussieht.“

Konkrete Details über die Einstufungen dürfen zwar noch nicht verraten werden, sehr wohl aber, wie die größte Umstellung in der Geschichte dieser Abgabe, die es in dieser Form nur in Österreich gibt, ablaufen wird – so nicht die künftige Regierung alles wieder über den Haufen wirft. Edelsbrunner: „Die neue Regelung tritt am 1. Jänner 2020 in Kraft. Aber alle, die bis 30. November ihr neues Auto bestellt haben, haben noch bis 31. Mai 2020 Zeit, dieses zu den alten NoVA-Konditionen anzumelden. Das ist deswegen erwähnenswert, da manche Hersteller ja bis zu sechs Monate Lieferzeit haben.“

Und auch bei der Umgestaltung der motorbezogenen Versicherungssteuer kann der Grazer für Entwarnung sorgen: „Die kommt am 1. September 2020 und wird teilweise CO2-abhängig gestaltet. Der Unterschied ist aber nicht dramatisch.“ Ob nur Neufahrzeuge betroffen sind? „Nein, auch der Bestand, aber das Finanzamt kann nicht sehr weit zurückgreifen, weil der CO2-Ausstoß erst seit 2006 im Zulassungsschein ausgeführt ist.“
Das Auto und die Kosten – ein Thema, das für Klaus Edelsbrunner natürlich auf der Tagesordnung steht. „Österreich zählt ja zu den Ländern mit der höchsten Besteuerung in Europa, sowohl beim Kauf als auch beim Besitz.“ Und auch bei der Sachbezugsregelung gibt es Änderungen: „Derzeit haben wir 121 Gramm als CO2-Grenze für einen Sachbezug von 1,5 Prozent. Ab Jänner wären es 118 Gramm, jeweils noch auf Basis des NEFZ-Werts. Aber nun haben wir 141 Gramm, allerdings nach WLTP gerechnet, was alles in allem eine leichte Verbesserung ist.“

Und dann wäre da noch ein ewiger Streitpunkt, der an Österreich klebt wie ein Kaugummi an der Schuhsohle: die Vorsteuerabzugsregelung. Gehört die nicht dringend ökologisiert, Herr Edelsbrunner? „Das Thema wird von uns jedes Jahr neu aufgerüttelt. Generell wäre es schlau, die Regelung an Deutschland anzugleichen: Wenn ich ein Auto betrieblich nutze, soll ich die Vorsteuer nutzen können.“ Aber bis jetzt biss sich die Interessensvertretung am Fiskus die Zähne aus: „Wir haben sogar vorgerechnet, um wie viel man im Jahr mehr verkaufen könnte, aber das hat leider alles nichts geholfen.“ Wer unternehmerisch schlau unterwegs sein möchte, muss also nach wie vor zu einem Van oder Pick-up greifen – auch wenn ihm ein spritsparender Kleinwagen völlig reichen würde.

Kein Wunder, dass bei all den finanziellen Belastungen die Lust auf eine Neuanschaffung bei immer mehr Personen schwindet. Edelsbrunner erzählt aus der Praxis: „Dass die Leute erst später ihren Führerschein machen, merken auch wir. Wer zum Beispiel in Graz studiert, braucht kein Auto. Man kauft später, hat mit Mitte 20 dann aber auch etwas mehr Geld und steigt auf einem anderen Niveau ein.“ Die Zeiten des typischen Einsteiger-Gebrauchtwagens für kleines Budget – ein Auslaufmodell. Ebenso wie das Wort „Kaufverhalten“ an sich: „Vermietung wird definitiv zunehmen. Der Besitzwille steht nicht mehr an erster Stelle, diesen Status hat das Auto schon verloren. Stattdessen kaufe ich lieber ein Fahrzeug mit Mietoption. Zum Beispiel ein E-Auto. Und wenn ich einmal weiter wegfahren möchte, steige ich auf eines mit Verbrennungsmotor um.“
Dass die Branche im Umbruch ist, zeigt sich aber auch bei den Antrieben, merkt Edelsbrunner an: „Genau weiß eigentlich keiner, wo es hingehen wird. Alles mutmaßen, welcher Antrieb sich durchsetzen wird. Aber da müssen auch die Händler die Fühler ausstrecken, damit man die Überfuhr nicht versäumt.“ Seine persönliche Meinung? „Jetzt kommt die Elektromobilität, die ich aber nur als Übergangslösung sehe. Ich denke, Wasserstoff und die Brennstoffzelle werden sich durchsetzen. Also sehr wohl Elektromobilität, aber ohne schwere Batterien an Bord.“

Zweifellos eine interessante Zukunft, doch wie viele Unternehmen werden diese noch erleben? 2018 stiegen die Insolvenzen im Kfz-Bereich hierzulande um 43 Prozent auf 130. Ist das nicht beängstigend, Herr Edelsbrunner? Mitnichten. „Da kommen viele Faktoren zusammen. Zum einen sind das vor allem freie Werkstätten. Moderne Fahrzeuge haben viel Elektronik an Bord, können ohne passende Geräte und Tester nicht mehr repariert werden. Ohne Hilfe von außen, also einer Markenanbindung, kann man kaum mehr überleben. Man müsste viel investieren in die Gerätschaft. So wie früher, als Kunden nach Ablauf der Werksgarantie eine freie Werkstatt ansteuerten, funktioniert das heute nicht mehr.“

Und wie sieht es mit den Händlern aus? „Wenn ich eine Marke vertreten möchte, muss ich deren Standards erfüllen. Und die sind auf hohem Niveau. Ein Beispiel: Für sein E-Auto schreibt ein Hersteller vor, dass man für den Ausbau der 1000 Kilogramm schweren Batterie einen Kran in der Werkstatt verbauen muss. Ganz egal, ob man diesen erst in sechs oder sieben Jahren vielleicht einmal braucht, kaufen muss man ihn schon jetzt.“ Und damit sind die immensen Kosten, die kleinere Betriebe schnell überfordern können, noch lange nicht aufgezählt: „Parallel dazu muss man seine Leute die ganze Zeit auf Schulungen schicken. Im Verkauf, in der Werkstatt, dazu kommen Iso-Zertifizierungen, Mystery Shopper, die im Auftrag des Herstellers die Qualität des Betriebes prüfen. Wenn sie unzufrieden sind, muss man Berichte und Maßnahmenpläne schreiben und, und, und. Für die Hauptaufgabe, den Autohandel und die Reparatur, bleibt kaum mehr Zeit. Und da hauen halt viele den Hut drauf.“

Edelsbrunners durchaus vorstellbare Vision für die Zukunft: Unternehmen werden weniger, aber dafür größer. „Es wird sich in die Richtung entwickeln, dass nicht mehr jeder alles machen kann. Viele konzentrieren sich nur mehr auf eine Aufgabe. Zum Beispiel bin ich dann nur mehr Neuwagenverkäufer oder nur mehr Techniker. Die Standorte werden also bleiben, aber mit unterschiedlichen Aufgaben. In Bruck brauche ich zum Beispiel eine Werkstatt, aber zum Autokauf werde ich künftig vielleicht nach Graz fahren.“

Wo der Kunde dann in einem topmodernen High-End-Schauraum die neuesten Modelle virtuell zusammenstellen können wird? Weit gefehlt, verrät der Bundesgremialobmann: „Wir sehen das ja jedes Jahr bei der Messe ­AutoEmotion. Die Leute wollen nach wie vor die Autos angreifen, sich reinsetzen, die passende Beratung haben. Er wird sich vorab im Internet sein Auto vielleicht schon zusammenstellen und mit dem Ausdruck zum Händler kommen. Aber das persönliche Gespräch ist dann doch das Einfachere. Das wertschätzt der Kunde.“ Und zwar so sehr, dass zumindest in diesem Bereich der Branche kein Umbruch zu erwarten ist: „Die Virtual-­Reality-Brille interessiert die Kunden überhaupt nicht. Wir haben sie weggeräumt.“