Der Renault 5 war clever, hübsch, herzig. Ein durch und durch sympathischer Kleinwagen zum noch sympathischeren Preis, der zwei Jahrzehnte lang in die Herzen der Kundschaft fuhr. Eine weltweite Fangemeinde hielt ihm stets die Treue, und trotzdem soll der kleine Liebling so einfach von diesem Jüngling abgelöst werden? Was bildet sich dieser freche Spatz denn eigentlich ein? Ganz einfach: nichts. Genau das war von Anfang an das Geheimnis des Clio.

Die Autowelt war Anfang der Neunzigerjahre im großen Umbruch. Der Turbodiesel begann seinen Siegeszug, Kompaktklassler bekamen sogar Sechszylinder unter ihre Motorhauben und die Ansprüche der Kunden wuchsen immer schneller und schneller. Einfach nur ein sympathischer Kleinwagen zu sein, reichte nicht mehr. Klein o. k., aber bitteschön vollwertig, versehen mit allen Insignien eines echten und ausgewachsenen Automobils, mit Platz für vier Erwachsene und deren Gepäck. Da ging dem 5er einfach die Luft aus. 5, danke, setzen. Paris, wir haben ein Problem.

Der Neue ging die Sacheschon konsequenter an: Die eher quadratische Form ermöglichte viel Platz bei knackigen Abmessungen, der lange Radstand luftige Verhältnisse selbst auf der Rücksitzbank. Dazu kam ein selbstbewusstes, unaufdringliches Design, das jedem von Anfang an klarmachte, dass hier ein echter Generationssprung bevorsteht. Und dieser neue Anspruch spiegelte sich im Namen wider: Clio! Wie treffend, dass der neue Spatz von Paris nach der Muse der Geschichtsschreibung aus der griechischen Mythologie benannt wurde, denn er veränderte für Renault vieles.

Sicher war die Skepsis in der Pariser Konzernzentrale am Anfang groß. Würden die Kunden mitziehen? Man kann ihnen ja nicht einfach ihren kleinen Freund (wie sogar die Werbeagenturen den 5 titulierten) wegnehmen. Bange Momente vor der Markteinführung, doch das neue Konzept ging voll auf: Man liebte den Clio von Beginn an für seinen frischen Zugang und sein gutes Platzangebot. Zeigte sich beeindruckt von den immer stärkeren Sportversionen, die von anfangs 136 auf nunmehr über 200 PS Leistung anschwollen. Vor allem aber schätzte man ihn für sein bescheidenes Wesen, das ihn immer ein Stückchen sympathischer machte als seine Mitstreiter. Das ließ natürlich auch die Fachpresse nicht unbeeindruckt, die den kleinen Franzosen im Jahre 1991 zum Auto des Jahres kürte, was bei Kleinwagen übrigens nur ganz selten vorkommt.