Was waren das für Zeiten: In feinstem Mailänder Zwirn gewandet, schwingt man sich mit Begleitung elegant in seinen V12 Spider aus Maranello, erweckt den gewaltigen Motor unter der ewig langen Fronthaube mit einem verchromten Schlüssel zum Leben und rollt von den italienischen Alpen völlig entspannt an die Cote d´Azur. Sicher, Mailand gilt immer noch als Modehauptstadt der Welt, einen Partner für diese Tour findet man auch sicher recht schnell. Aber die Straßen? Wesentlich voller als vor 50 Jahren. Und ein offener Zwölfzylinder von Ferrari? Scusi, aber so etwas wurde seit einem halben Jahrhundert nicht mehr präsentiert.

Doch wer jetzt ein langes Gesicht zieht – keine Sorge, die bei Ferrari meinen es ja doch gut mit unsereins und kehrt zu dieser exquisiten Art des Automobils mit dem 812 GTS zurück. Als Antrieb der fast fünf Meter langen Flunder dient das 6,5 Liter große Triebwerk aus dem 812 Superfast. Mit 800 PS bei 8500 Umdrehungen und 718 Newtonmetern – ganz ohne Aufladung, wohlgemerkt – ist er das mit Abstand leistungsstärkste Triebwerk in diesem ziemlich elitären Segment.

Dennoch fiel eine solide Drehmomentverteilung nicht dem Drehvermögen zum Opfer. So stehen bei nur 3500 U/min bereits 80 Prozent des maximalen Drehmoments zur Verfügung. Verstärkt wird der sportliche Charakter durch das Getriebe mit Doppelkupplung. Die Geometrie der Auspuffanlage wurde darauf ausgelegt, den vom Motor und den Auspuffrohren erzeugten Soundtrack zu verstärken und abzustimmen.

Ein Detail, auf das besonders viel Wert gelegt wurde – sogar beim Verdeck. Dieses lässt sich bei einer Fahrgeschwindigkeit von bis zu 45 km/h in nur 14 Sekunden öffnen und hat keinen Einfluss auf die Innenabmessungen, sodass das geräumige Cockpit des Ausgangsmodells erhalten bleibt. Dank der elektrischen Heckscheibe, die als Windstop dient, ist die Fahrt mit offenem Verdeck ein echtes Vergnügen. Bei geschlossenem Verdeck kann sie hingegen offenbleiben, wenn die Insassen weiterhin den einmaligen Sound des V12-Saugmotors genießen wollen.

Stichwort Fahrwerk: Da geht es neben genügend Komfort natürlich um jede Menge Dynamik, und dafür wurden sogar die Assistenzsysteme speziell trainiert. So wird die elektromechanische Servolenkung dazu eingesetzt, im Verbund mit den anderen elektronischen Fahrdynamikassistenten, darunter die fünfte Version des patentierten SSC von Ferrari, das Leistungspotential des Wagens voll auszureizen.

Auch wieder dabei: Ferrari Peak Performance (FPP): Das Drehmoment des Lenkrades signalisiert dem Fahrer in Kurvenfahrten, dass sich das Fahrzeug der Haftungsgrenze nähert und trägt so dazu bei, dass dieser dynamische Zustand unter Kontrolle bleibt.

Ferrari Power Oversteer (FPO, wohlgemerkt): Bei Übersteuern beim Beschleunigen am Kurvenausgang, führt das Lenkraddrehmoment den Fahrer hin zu Lenkmanövern, die das Auto wieder geraderichten. Dank der optimierten Kalibrierung der magnetorheologischen Stoßdämpfer ist der elastische Aufbau derselbe wie bei der Berlinetta – trotz des 75 Kilogramm höheren Gewichts des Spiders.

Das äußert sich alles natürlich in gewaltigen Fahrleistungen: glatte 3 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Null auf 200 in 8,3 Sekunden. Und eine Höchstgeschwindigkeit von 340 km/h – ob das auch mit offenem Verdeck möglich ist, verrät Ferrari nicht. Als besonders angenehm stellen wir uns das jedenfalls nicht vor. Aber auf einer solchen Genusstour ans Mittelmeer kommt es ja wirklich nicht drauf an, wie schnell man ankommt, oder?

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