Wer selbst vom Sammelvirus befallen ist, der weiß es: Die Anzahl der Stücke, die man mühevoll zusammengetragen hat, ist immer nur eine Momentaufnahme. Bei Josef Juza sind es im Moment 114 – aber keine Briefmarken, Schallplatten, Panini-Pickerl oder gar Modellautos, sondern ausgewachsene VW Golf im Maßstab 1:1. Und das bedeutet, dass der Stockerauer jeden Tag ein Golf-Treffen von regionaler Bedeutung veranstalten könnte, ohne eine einzige Person einzuladen. Weltweit gibt es wahrscheinlich außerhalb der Wolfsburger Autostadt kaum einen Ort mit einer ähnlich hohen Dichte an Raritäten wie in dieser schlichten Industriehalle nahe Wien. Doch dazu später.

Wie die meisten großen Leidenschaften begann auch diese ganz harmlos. „Als ich das erste Mal in einem Golf saß, hatte ich das Gefühl, als wäre dieses Auto nur für mich gebaut worden. Sitzposition, Fahrspaß, Alltagstauglichkeit, das war alles genau meins“, erinnert sich Juza. Der Rauchfangkehrer erledigte seine Arbeit mit einem Caddy, für den Sommer gab es ein Cabrio, für den Winter einen Country, zum Spaßhaben einen GTI und für die Familie einen Normalo-Golf. „Meine Basis war: Für jeden Anlass den richtigen Golf. Dann hab’ ich mich allerdings auf einer Oldtimer-Ausstellung in ein Modell aus der ersten Serie mit Trommelbremsen vorne und Schwalbenschanz-Heckschürze verliebt.“

Dieses frühe Modell war der erste „unnötige“ Golf und darf daher als offizieller Beginn der Sammlung Mitte der 1990er-Jahre angesehen werden. „Ich brauchte nur kurz ins Internet zu sehen, und schon hatte ich wieder ein tolles Exemplar gefunden, das praktisch nichts gekostet hat. Oft war der Transport teurer als der Kauf.“ Die aktive Suche hat Juza längst aufgegeben, aber manchmal werden ihm Stücke angeboten, bei denen er einfach nicht Nein sagen kann.

Zu den Schätzen zählen ein Prototyp mit Schiebetüren aus dem Jahr 1973, einer von nur 71 in der Motorsportabteilung von VW handgebauten G60 Limited, einer von 5000 Rallye-Golfs, die elektrischen Citystromer, diverse GTI, Gangway-Fahrzeuge, Wohnmobile und was man aus dem Wolfsburger Bestseller sonst noch so machen konnte. Dazu kommen noch unzähligen Sondermodelle.

Apropos Zeitgeschichte: Auch kuriose Tuning-Objekte haben ihren Platz: „Heute sagen manche Tupperware-Golf zu den typischen Breitbauten der Achtzigerjahre. Für mich sind es Erinnerungsstücke an eine Epoche und damals war man ja der Disco-König mit so einem Golf.“

In einem Punkt unterscheidet sich das „Golfsrudel“ deutlich von anderen Sammlungen: Die Fahrzeuge sind naturbelassene Zeitzeugen, nicht geschönt oder aufpoliert. Bestes Beispiel ist der „Millionen“-Golf: Das Exemplar mit der belegbaren Kilometer-Million entspricht in Optik, Haptik und Olfaktorik exakt dem, was man sich unter einem Auto mit dieser Fahrleistung vorstellt. Als der Niederösterreicher ihn einmal für eine Ausstellung verlieh, tat er das mit den Worten: „Wenn Sie das Auto putzen, bekommen Sie richtig Ärger mit mir.“ Dennoch ist die Vision für die Zukunft seines „Golfrudels“ klar: Josef Juza will Direktor im eigenen Golf-Museum werden, das im Frühjahr 2019 eröffnet.

Letzte Frage: Wenn er nur fünf Autos behalten dürfte, welche Modelle würden übrigbleiben? „Ich glaube, dann würde ich die ganze Sammlung aufgeben. Lieber auf alle verzichten, als wenige auswählen müssen.“ Das ist wahre Liebe.