Linda Jackson (60) ist ganz entspannt. Draußen die Hektik des Genfer Autosalons, in ihrem provisorischen Interviewraum ist man vom Lärmpegel angenehm abgeschirmt. Seit 2014 ist sie CEO von Citroën, in der männerdominierten Autowelt gilt sie als Role Model. Ihre Karriere startete sie bei Rover, 2005 wechselte sie als Finanzdirektorin zu Citroën UK.

Sie leiten als Britin ein französisches Auto-Unternehmen auf globaler Basis: Sie sagten, ähnlich wie in Hollywood sei das Frauen-Männer-Verhältnis in der Autobranche 2:10. Konnten Sie in den letzten Jahren etwas daran ändern?
Linda Jackson:
Wenn wir die gesamte PSA-Gruppe anschauen, dann haben wir einen Frauenanteil von 19 Prozent. Wenn wir auf die Managementebene unter 30 Jahren schauen, dann sind es 37 Prozent. Das ist eine starke Verbesserung, die wir in den letzten Jahren erreicht haben.

Auch über eine Frauenquote?
Linda Jackson: Wir versuchen, verstärkt Frauen ins Unternehmen zu holen. Aber nicht über die Quote, die ich nicht so sehr schätze, weil das Posten, die man so besetzt, irgendwie verunglimpft.

Welche Maßnahmen setzen Sie dann?
Linda Jackson: Egal, ob wir jetzt spezielle Frauen-Produktberatungsgruppen im Unternehmen haben oder ob ich Frauen in meinem Umfeld einstelle: Viele Menschen denken ja, in der Autoindustrie dreht sich alles um Motoren und um das Machogeschäft. Die Entscheidungen fallen anders, es geht nicht nur ums Objekt, es geht um ein ganzes Kundenerlebnis. Dafür brauchen wir mehr Frauen, wir müssen die Wahrnehmung unseres ganzen Geschäfts verändern.

Zurück ins Auto: Worauf achten Sie bei Testfahrten?
Linda Jackson: Wenn wir mit dem Executive-Management und Carlos Tavares Autos testen, dann geht es auch um Motoren und Drehmoment. Aber für mich ist ebenso sehr wichtig: Wie smooth ist das Getriebe? Ich schaue auf das Platzangebot. Wo und wie kann ich Sachen unterbringen? Ist das praktisch? Was ist wichtig für den Kunden? Der Platz für die Kinder, für den Einkauf ist heute gleich wichtig wie andere Faktoren.

Reden wir überhaupt zu viel über Fahrwerke und PS im Auto-Geschäft?
Linda Jackson: Ich glaube, manchmal ja.

Was wollen Sie dann den Kunden vermitteln?
Linda Jackson: Was wir den Kunden vermitteln müssen, ist zum Beispiel der Verbrauch. Die Wahrheit über den Verbrauch und den CO2-Ausstoß müssen die Kunden kennen. Genauso wie die Kosten für den ganzen Lebenszyklus. Die Gesellschaft ändert sich. Vielleicht ändert sich damit die Automobilindustrie.

Das autonome, also selbstfahrende Auto, hat noch eine ganz andere Bedeutung: Es geht nicht mehr um PS und Fahrwerk, sondern um Komfort etc. Wird diese technische Revolution auch ein „Game Changer“ für die Frauen in der Automobilindustrie?
Linda Jackson: Durchaus kann es das. Es ist ein moderner Zugang. Autonome Autos werden das, worauf wir schauen, verändern. Denn worauf achten die Kunden in ihren Autos und worauf in ihrem Leben? Was wollen sie? Sicherheit, Komfort, Konnektivität. Werden sie vor allem auf High-Performance-Motoren schauen? Das weiß ich nicht. Ich persönlich glaube nicht so sehr daran.

Wie haben Sie die Arbeitsprozesse, die Männer vor Ihnen aufgesetzt haben, verändert?
Linda Jackson: Ich habe zum Beispiel „Fühl-gut-Regeln“ eingeführt. Keine Meetings vor 8 Uhr morgens und keine nach 18.30 Uhr. Keine E-Mails am Wochenende. Meetings sollen nicht länger als 45 Minuten dauern, mit nicht mehr als 10 Personen. Sie sollten mit klarer Agenda beginnen und mit Entscheidungen enden.

Wie motivieren Sie Menschen, Dinge zu verändern?
Linda Jackson: Ich mache sie zum Teil des Entscheidungsprozesses. Ich gebe ihnen die Möglichkeit, mitzuentscheiden, auch wenn ich die letzte Verantwortung und Entscheidung habe. Ich mag es, Diskussionen zu haben. Ich kann nicht überall, vom Marketing bis zum Design, der beste Experte sein. Superman kann das nicht. Und Superwoman ebenso wenig.

Wie würden Sie Feminismus erklären?
Linda Jackson: Feminismus beschreibt gleiches Recht für alle. Es geht darum, dass Frauen gleichbehandelt werden wie Männer. Gleichberechtigung, nicht das Geschlecht, zählt.

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