Opel hat zuletzt fast 1,1 Millionen Autos verkauft - so viel wie seit Jahren nicht mehr. In mehr als einem Dutzend Märkten legte man stark zu. In Russland und der Türkei stehen Sie jedoch vor massiven Problemen. Sehen Sie Ihr Ziel, mit Opel 2016 schwarze Zahlen zu schreiben, in Gefahr?
KARL-THOMAS NEUMANN: Das Ziel gebe ich nicht auf. Wir müssen uns in anderen Märkten weiter steigern, damit wir die Schwierigkeiten in Russland und der Türkei kompensieren. Aber natürlich ist es dadurch nicht leichter geworden, den Turnaround zu schaffen.
Wie geht man mit dem Markt in Russland weiter um?
NEUMANN: Ich bin aufgrund der Krise und des Rubelverfalls nicht der allergrößte Optimist. Wir hatten den Verkauf unserer Autos an die Händler zwischenzeitlich gestoppt, haben die Preise um 20 bis 30 Prozent angehoben und die Organisation geschrumpft. Aber sehen Sie es mal so: Wir sind trotz dieser Probleme im vergangenen Jahr fast doppelt so stark gewachsen wie der europäische Markt. Wäre die Russland-Krise so nicht gekommen, dann wären wir eine Wachstumsmaschine.
Wie kann man gegensteuern?
NEUMANN: Wir werden in anderen Märkten wachsen. Von Opel kommen bis 2018 dank unserer Modelloffensive 27 neue Autos und 17 neue Motoren. Wir haben mit dem neuen Einstiegs-Opel Karl, dem neuen Corsa und unserem Adam das größte Potenzial aller Zeiten bei Kleinwagen. Zudem werden neue SUVs von Opel vorfahren. Und wir werden das Cabrio Cascada in die USA exportieren und den Insignia nach Australien, Neuseeland und in die USA. Nicht als Opel, sondern für unsere GM-Schwestermarken Buick und Holden. Das hilft unserer Auslastung.
Aber die neuen CO2-Regeln setzen der Kostenstruktur und den Kleinwägen-Margen stark zu.
NEUMANN: Downsizing und Motoroptimierung kosten Geld. Die Frage ist: Wer bezahlt das in so preissensiblen Klassen? Das könnte dazu führen, dass Kunden zu kleineren Fahrzeugen greifen.
Welche Modelle zeigen derzeit am stärksten die neue Opel-Linie?
NEUMANN: Mokka und Adam haben eine Eroberungsquote von 50 Prozent. Der Mokka zeigt, was man alles schaffen kann, wenn man mit einem Auto den Punkt trifft. Mehr als 330.000 Bestellungen sprechen eine deutliche Sprache. Zentrale Aufgabe ist es, die richtigen Produkte zu machen.
Ein Blick nach Österreich?
NEUMANN: Da sind wir bei sieben Prozent Marktanteil angekommen und die zweitstärkste Marke. In Österreich sind wir schon dort, wo wir in vielen Märkten Europas noch hinwollen. Schön, dass es so gut läuft.
Sie sind Marathonläufer und haben zuletzt Ihre Führungskräfte mit strengen Anfeuerungsrufen bedacht: Wie weit sind Sie, wenn Sie Ihre bisherige Arbeit auf einen Marathon umlegen?
NEUMANN: Der Start war traumhaft. Aber die ersten zehn Kilometer kann ja jeder laufen. Wir dürfen nicht denken, wir seien schon im Ziel. Wir sind an einem schwierigeren Punkt. Stehenbleiben ist keine Option. Wir sind erst bei der Hälfte der Marathondistanz angekommen. Wir müssen ins Ziel laufen. Ende nächsten Jahres werden wir sehen, ob wir es geschafft haben.