Verzückte Blicke von Passanten sind beim Honda e serienmäßig. Einmal in die kreisrunden Scheinwerfer in der schwarzen Kühlermaske geschaut – und wieder hat der erste Stromer der Japaner ein Herz erobert. Er gibt der Elektromobilität, mit der einige fremdeln, ein freundliches Gesicht. Allerdings ohne Ohren – vulgo Außenspiegel.

Stattdessen übertragen Kameras ihre Bilder in Echtzeit auf zwei Sechs-Zoll-Monitore im Armaturenbrett. Das mag anfangs gewöhnungsbedürftig sein, funktioniert aber prächtig. Auch auf dem Innenspiegel kann man die Liveübertragung der Heckkamera einblenden, sich aber wahlweise auch auf die bewährten Reflexionseigenschaften von Glas verlassen. Auch die Türgriffe legen im Sinn der Aerodynamik die Ohren an und fahren sich bei Bedarf automatisch aus.

Das Armaturenbrett beherbergt nicht weniger als fünf Bildschirme, von denen die äußersten links und rechts die Funktion der Außenspiegel übernehmen. Direkt vor dem Fahrer ersetzt ein 8,8 großer Bildschirm analoge Instrumente, daneben zwei weitere 12,3 Zoll messende Touchscreens. Darüber lässt sich das Infotainmentsystem per Tippen und Wischen bedienen, wie man es vom Smartphone kennt.

Was auf den beiden Screens passiert, müssen sich Fahren und Copilot untereinander ausschnapsen: Zum Beispiel das Navi links und die Auswahl der Musik rechts. Oder mit einem Fingerzeig umgekehrt. Über die Bildschirme spukt auch der persönliche Assistent, der bei Honda tatsächlich ein Gesicht hat. Mit „Ok Honda“ ruft man den dienstbaren Geist auf den Plan.

Dabei sind die Japaner aber nicht der Versuchung erlegen, Knöpfe komplett zu verbannen: So bleibt etwa die Steuerung der Klimaanlage da, wo sie hingehört und auch den guten alten Lautstärkeregler trifft man sehr zur Freude.

Der Innenraum hat etwas von einer luftigen Lounge. Die Optik ist cool, aber nicht unterkühlt und die das Armaturenbrett ist trotz der vielen Bildschirme nicht überladen. Die Sitze sind sofartig, die Türverkleidungen sind auch mit Stoff bezogen. Allerdings werden es zwei Erwachsene auf der Rückbank nicht ewig aushalten.

Da unter dem Kofferraum der Elektromotor rotiert, ist der mit seinen 171 Litern nicht gerade feudal. Zwei Trolleys und die Tasche mit den Ladekabeln passen dennoch hinein. Und für den Fall der Fälle lässt sich ja auch noch die Rückbank umlegen, wenn auch nicht zweigeteilt.

Es dauert nur ein paar Sekunden im Stromgnom, bis reflexartig das Hochziehen der Mundwinkel zu einem breiten Grinsen einsetzt. Die Gründe dafür sind schnell aufgezählt: Heckantrieb. Gewichtsverteilung von 50:50. Breite Spur. Praktisch keine Überhänge. Die Lenkung ist zackig, aber keine Spur nervös und durch den Antrieb an der Hinterachse frei vom Nachspüren der waltenden (oder weggeregelten) Kräfte. In das gleiche Horn stößt der tiefe Schwerpunkt durch die kompakte 35,5-kWh-Batterie nur knapp 50 Zentimeter über dem Asphalt.

Deren Reichweite von bis zu 222 Kilometern erreicht man freilich nicht, wenn man in der stärkeren Version mit einer Leistung von 113 kW (154 PS) das knackige (aber keineswegs knochentrockene) Fahrwerk im gierigen Sportmodus so richtig auskostet. Dennoch ist der Aktionsradius für Stadt und Umland, die eindeutig das Revier des 3,9-Meter-Quirls sind, allemal alltagstauglich. Bei einer brauchbaren Gewicht-Kosten-Relation.

Das hat übrigens auch Potenzial als Hobby für Honda-e-Fahrer: Mit dem winzigen Wendekreis von nur 8,6 Metern wickelt man sich quasi selbst um den Finger. Und: Dank seiner vier Kameras und zwölf Sonarsensoren rangiert sich das Zwergerl selbst kompetent in enge Parklücken, ohne dass man den Gang zur Richtungsänderung wechseln müsste.

Wer die maximale Reichweite herausholen will: Die Rekuperation lässt sich über Schaltwippen am Lenkrad so hochschrauben, dass man den  Bonsai auch nur mit einem Pedal fahren kann, was gerade in der Stadt eine klasse Angelegenheit ist.

Der Ladestecker versteckt sich unter einer gläsernen Abdeckung auf der Motorhaube, wo LED das Lied vom Ladestand blinken. Beim Schnellladen ist der Akku in rund 30 Minuten auf 80 Prozent geladen, bei 7,4 kW Ladeleistung an der Wallbox ist die Batterie in 4,1 Stunden ganz voll. Die Wartezeit könnte man sich übrigens Verkürzen, in dem man auf den Bildschirmen einem Film streamt.

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