Die Porsches und die Piëchs – das ging jahrzehntelang nicht besonders gut. Besser gesagt: sehr oft überhaupt nicht. Verglichen mit den Machtkämpfen und tiefen Zerwürfnissen innerhalb der berühmtesten Auto-Familie der Welt waren die Intrigen in der legendären TV-Soap Denver-Clan ein Kindergeburtstag.

Wann genau der innerfamiliäre Zwist begann und worauf er basiert, weiß man nicht so genau. Der Keim der Feindseligkeiten wird in der zweiten Generation vermutet. Der 1951 verstorbene Käfer-Erfinder Ferdinand Porsche hatte es offen gelassen, welches der beiden Kinder – Louise und Ferry – er als Erben eher für geeignet hielt. Auch wenn es klare Fronten und Verträge gab (Louise formte die Porsche Holding in Salzburg, Ferry Porsche baute die Porsche AG in Stuttgart auf), gerieten die Familienstämme immer häufiger aneinander und lieferten Stoff für eine einzigartige Familiensaga, in der es um Geld, Prestige und Eitelkeiten ging.

In den Mittelpunkt fast aller Differenzen gerückt war dabei Ferdinand Piëch. Das drittälteste Kind von Louise wuchs zum Leitwolf der dritten Generation und beschwor als Reizfigur den endgültigen Bruch mit den Porsches herauf. Dass er seinem Cousin Gerhard Porsche die Frau ausspannte und mit ihr drei Kinder zeugte, war eine pikante Facette.

Vor allem in den letzten 20 Jahren hatte sich der Konflikt zwischen den beiden Familien-Oberhäuptern zugespitzt: Auf der einen Seite der geniale und instinktsichere Ferdinand Piëch, auf der anderen Seite der charmante und stets um Ausgleich bemühte Wolfgang Porsche, der dem Cousin in seiner Kompetenz und Härte – man könnte auch sagen Durchtriebenheit – keineswegs gewachsen schien. Der brillante Techniker Piëch machte nie ein Hehl aus seiner Abneigung gegenüber den im geschützten Bereich aufgewachsenen Waldorfschülern der Verwandtschaft ("stricken, häkeln, Flöte spielen“), die aus seiner Sicht das Erbe verwalteten, während er – Piëch – bei Volkswagen den Laden schupfte und den Reichtum der Familie mehrte.

Noch stehen sie vorne: Hans Michel Piëch und Wolfgang Porsche
Noch stehen sie vorne: Hans Michel Piëch und Wolfgang Porsche © APA/dpa/Julian Stratenschulte (Julian Stratenschulte)

Wolfgang Porsche revanchierte sich gelegentlich gern mit dem Hinweis auf den Nicht-Namensträger, ein Stachel im Fleisch des "Alten“. Als einsamer Höhepunkt stand die öffentlich ausgetragene Schlacht um Wolfsburg, die Piëch für sich entschieden hatte und die mit der Eingliederung von Porsche in den VW-Konzern endete. Es war die größte Demütigung, die Ferdinand Piëch zeitlebens seinem Cousin Wolfgang Porsche zufügen konnte. Der Sturz des Patriarchen, der als Aufsichtsratsvorsitzender 2015 von der eigenen Familie abgesetzt wurde, mag eine späte Genugtuung für Porsche gewesen sein.

Wobei man freilich sagen muss: Ohne den im August verstorbenen Ferdinand Piëch gäbe es den Volkswagen-Konzern in seiner heutigen Bedeutung nicht. Und ohne den unbequemen Visionär wäre die Familie niemals so reich geworden. Das Vermögen der Familie, die über die Porsche Automobil Holding SE 53,1 Prozent der VW-Anteile hält, wird auf 40 Milliarden Euro geschätzt.

Für die Familie sprechen heute Hans Michel Piëch und Wolfgang Porsche. Der Wiener Anwalt übernahm nach dem kompletten Rückzug seines jüngeren Bruders auch einen Großteil der Anteile, der Piëch-Stamm kommt allerdings nur auf ein Viertel der Anteile und verfügt damit über eine interne Sperrminorität. Die Porsches dominieren, Wolfgang Porsche steht auch an der Spitze der Familien-Holding.

Mit der Neuordnung zogen auch versöhnliche Töne ein in die mittlerweile gut 80-köpfige Auto-Dynastie. "Wir sind anders“, ließen Hans Michel Piëch und Wolfgang Porsche von Anfang an wissen. Sie mussten sich freilich den Vorwurf gefallen lassen, den Konzern nicht federführend und zu zögerlich zu lenken. Das einflussreiche Duo, längst im hohen Rentenalter angekommen (Porsche ist 76, Piëch 77), will sich weniger ins operative Geschäft einmischen und vertritt die Meinung, dass auch Manager außerhalb der Autowelt in den Gremien die Fäden ziehen können.

Neuer Steuermann

Dennoch wird der Ruf nach einem neuen starken Mann an der Spitze des Großaktionärs immer stärker. Zwar wirken die aktuellen Clan-Chefs noch keineswegs amtsmüde und haben erst kürzlich ihre Verträge verlängert. Doch scheint hinter den Kulissen an der Wachablöse gebastelt zu werden. Die vierte Generation, die auch privat gut miteinander kann, steht in den Startlöchern und ist in den letzten Jahren bereits in viele Kontrollgremien der Konzerngesellschaften eingezogen. Die Nachfolger werden wohl aus dem Aufsichtsrat der Familienholding SE kommen.

Auf der Porsche-Seite gesetzt scheint der Wirtschaftsprüfer Oliver Porsche zu sein. Der 58-jährige Sohn des verstorbenen Designers Alexander Porsche gilt als der erfahrenste Mann dieser Generation, er sitzt schon lange Zeit in diversen Aufsichtsräten und gilt als durchschlagskräftig. Wolfgang Porsche hält ihn für geeignet. Im Gegensatz zu Daniell Porsche (45), Sohn von Hans-Peter Porsche. Als Einzelkind ist er der größte Einzelaktionär, doch dem Musiktherapeuten und Waldorfpädagogen will man nicht unbedingt eine Führungsrolle beim größten Autobauer der Welt überlassen.

Die nächste Generation

Auf der Piëch-Seite bringt sich Stefan, der 49-jährige Sohn von Hans Michel, in Stellung. Der Medienunternehmer, auch Aufsichtsrat von Seat, hat gute Karten. Aufgerückt in den tonangebenden Familien-Circle ist auch der Jurist Josef Ahorner (59), Sohn von Louise Daxer-Piëch. Gewicht in der Piëch-Familie hat ebenso dessen Schwester Louise Kiesling. Die Älteste in der Urenkelreihe des Firmengründers vertritt neben Hans Michel Piëch, Wolfgang und Oliver Porsche die Familie in der Volkswagen AG.

Weiters mit Aufsichtsratsmandaten gesegnet: Julia Kuhn-Piëch (Audi, MAN), Mark Philipp und Stephanie Porsche-Schröder (MAN). Von Ferdinand Piëchs 13 Kindern ist lediglich noch Markus Piëch (Scania) in einem Kontrollorgan vertreten. Noch ohne Mandat, aber fraglos ein Porsche der Zukunft: Ferdinand, Sohn von Wolfgang Porsche. Der 25-Jährige mit der Coolness eines jungen James Dean reanimierte das Eisrennen in Zell am See und hat das, was man seit Ferdinand Piëch bei der Familie schmerzlich vermisst: Benzin im Blut. Seine Zeit wird kommen.

Mehr zum Thema