Warum geht ein junger Mann wie du in die Pflege?

Lukas Driessler: Eigentlich witzig: Ich habe in der Metallbranche angefangen und war damals an der HTL Ferlach für Waffentechnik. Danach habe ich auch in diesem Beruf gearbeitet und ziemlich schnell gemerkt, dass das gar nicht meins ist. Da arbeite ich dann doch lieber mit Menschen als mit Maschinen. Vor allem bietet die Gesundheits- und Krankenpflege so viel mehr als nur Altenpflege – aber genau das ist oft das Erste, was vielen Menschen bei meiner Ausbildung durch den Kopf geht.

Dann erzähl mal genauer, was die Ausbildung so mit sich bringt. Von der Theorie zur Praxis - ist das ein langer Weg?

LD: Fangen wir einmal ganz von vorne an. Grundsätzlich startet das erste Semester mit der Theorie und ab dem zweiten Semester dürfen wir dann in die Praxis gehen, da gibt es das erste Praktikum für die Grundkenntnisse der Pflege. Von da an ist dann immer alles gestaffelt in Theorie und Praxis, sodass wir all das Wissen letztendlich auch praktisch umsetzen können. Das Studium ist auch interaktiv gestaltet, da wir nach jedem Praktikum ein Simulationstraining durchführen, welches dann auch aufgenommen wird. Die anderen, die zusehen, beurteilen dann, was du machst - ob es richtig oder falsch ist, ob du es gut gemacht hast oder nicht.

Lukas Driessler
Lukas Driessler © KK

In welchem Bereich möchtest du dich dann gerne spezialisieren oder gibt es spezielle Zusatzausbildungen, die man anstreben kann?

LD: In der Grundausbildung gibt es zum Beispiel Pflichtpraktika in den Grundbereichen, die du dann halt einfach machen musst. Das geht von der psychiatrischen Betreuung über die Reha bis hin zum Akutbereich, der Kinder- und Altenpflege. Ich will aber eine Zusatzausbildung machen und mich entweder auf die Anästhesiepflege oder die Cardiotechnik spezialisieren. Ich finde beide Bereiche sehr spannend und sie bringen viel Verantwortung mit sich. Bei der Anästhesiepflege unterstützt du beispielsweise den Anästhesisten und hilfst bei der Narkoseeinleitung. Bei der Cardiotechnik bedienst du die Herz-Lungen-Maschine. Wenn das Herz also bei einer Organtransplantation stillsteht, bin ich dafür verantwortlich, dass es weiterschlägt.

Wie geht es dir damit, schon während der Ausbildung Verantwortung zu haben?

LD: So große Verantwortung, wie eben erzählt, hat man natürlich nicht sofort. Die Anästhesiepflege oder die Cardiotechnik ist eine Zusatzausbildung von zwei Jahren, das heißt, man hat reichlich Zeit, um sich in den Beruf einzufinden. Man lernt das dann alles in der Praxis. Die ganzen Beatmungsgeräte auf der Intensivstation zu bedienen, die Herz- Lungen-Maschine zu verstehen und bei der Anästhesie zu unterstützen.

Das Studium ist sehr praxisorientiert. Wie läuft das dann zurzeit ab?

LD: Die Theorie ist, wie bei allen anderen Studiengängen, gerade online. Die Praxis passiert aber im Anwesenheitsunterricht. Um ehrlich zu sein, bin ich froh, dass die Theorie online ist – auch wenn der Kontakt mit den anderen Studierenden da vielleicht ein wenig zu kurz kommt. Das macht das Studium aber auch viel leichter für Studierende, die zum Beispiel immer extra aus Spittal nach Klagenfurt fahren mussten.

Lukas Driessler fühlt sich an der FH Kärnten sehr wohl
Lukas Driessler fühlt sich an der FH Kärnten sehr wohl © KK

Was erhoffst du dir vom Arbeiten in dieser Branche?

LD: Es ist fordernd. Auch sehr fordernd vom Personal her. Demografisch gehen viele in Pension und die Entwicklung zeigt gleichzeitig einen Anstieg der älteren Leute an. Es fehlen also bald die nötigen Ressourcen und die Politik ist gefordert.

Was denkst du, was sich verändern müsste, damit das Arbeiten im Gesundheitsbereich als cool angesehen wird?

LD: Meistens wird der Beruf mit Körperpflege und Altenpflege assoziiert, was ein veraltetes Bild ist, und moderne Geschichten werden einfach nicht erzählt. Zusatzausbildungen sollten auch hervorgehoben werden und die Verantwortung sollte im Fokus stehen. Das alte Berufsbild muss einfach abgeändert werden, weil es nicht mehr zum neuen Bild passt. Es werden mittlerweile so viele wichtige Aufgaben an das Gesundheits- und Pflegepersonal abgegeben. Und natürlich ist ein gutes Gehalt auch für viele attraktiv.

Bist du im Studium eigentlich ganz alleine unter Frauen? Da dieses Berufsbild ja als Frauendomäne gesehen wird.

LD: Ursprünglich sind wir mit einer Gruppe von 60 Studierenden gestartet, davon waren fünf männlich. Vier sind aber ausgestiegen und ich bin der, der übrig geblieben ist. Also ja, ich bin ganz alleine unter Frauen, aber mir fällt das gar nicht so auf.

Früher war das auch ganz anders. In der Antike war die Pflege eine rein männliche Aufgabe. Die Pflege der Kranken wurde damals von auszubildenden Ärzten übernommen. Es werden jetzt auch überall Männer gebraucht – in allen Bereichen der Gesundheits- und Krankenpflege.

Warum fiel die Auswahl der Ausbildung auf die FH Kärnten?

LD: Kärnten „is lei ans“. Ich bin gerne in Kärnten. Ski fahren. Skitouren − Klagenfurt hat da einfach gut gepasst und so viel zu bieten. Warum sollte ich also extra wo anders hingehen, wenn’s mir hier so gut gefällt und ich auch hier die Ausbildung machen kann?

Das stimmt allerdings. Hat sich durch Corona eigentlich die Stimmung unter den Auszubildenden geändert oder ist Motivation gleich wie zuvor?

LD: Man gewöhnt sich daran. Thema Nummer eins ist die Maske beim Praktikum. Nach einem Zwölf-Stunden-Tag bist du natürlich froh, wenn die Maske unten ist. Dann denkst du an die Menschen, die gemütlich im Homeoffice sitzen und beneidest sie schon ein bisschen. Aber eigentlich ist die Motivation trotzdem gleich geblieben oder hat sich zumindest nicht verringert – man will ja helfen.

Was willst du weitergeben?

LD: Ich kann das Studium jedem nur empfehlen. Man lernt viel. Natürlich sehr viel über den menschlichen Körper, aber auch, sein erlerntes Wissen in der Praxis einzusetzen. Die Zusatzausbildungen machen das komplette Studium auch nochmal um einiges spannender, da man sich einfach auf eine bestimmte Aufgabe spezialisieren kann.