Die italienischen Rivalinnen Sophia Loren und Gina Lollobrigida ließen sich bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin zum einzigen Mal gemeinsam fotografieren. Gary Cooper wetterte gegen die Kommunistenjagd des US-Senators McCarthy. Jayne Mansfield erregte Aufsehen mit freizügigen Dekolletes. Jean Gabin wurde von Polizisten vor stürmischen Fans geschützt. "Kreischalarm" hieß es schon damals bei Auftritten von Romy Schneider, Maria Schell, Cary Grant oder James Stewart.
Promis über Promis
Julia Roberts stand 1990 Hand in Hand mit einem DDR-Volkspolizisten auf der Berliner Mauer am Brandenburger Tor. Jack Nicholson rühmte auf der Berlinale-Pressekonferenz seinen knackigen Hintern. Catherine Deneuve behielt auch im hell erleuchteten Saal stets eisern ihre große Sonnenbrille auf. George Clooney, Richard Gere und Dustin Hoffman nutzten das Festival, um scharfe Kritik an George W. Bushs Irak-Krieg zu üben. Madonna und die Rolling Stones holten die Musik auf die Berlinale. Und um einen Blick auf Leonardo DiCaprio und den indischen Bollywoodstar Shah Rukh Khan zu werfen, werden auch bei der Jubiläums-Berlinale vom 11. bis 21. Februar wieder Filmfans stundenlang in der Kälte ausharren.
Die Berlinale hat keinen Strand wie die Filmfestspiele in Cannes und auch keine Lagune wie das Festival in Venedig - zum Wettbewerb um den Goldenen Bären und zu jährlich rund 400 Berlinale-Filmen zieht es dennoch jedes Mal knapp eine halbe Million Besucher in die Kinos der winterlichen deutschen Hauptstadt. Die 1951 gegründete Berlinale war zunächst als Zerstreuung für die von Krieg und Blockade gebeutelten Berliner gedacht. Doch die Politik mischte von Anfang an mit. Das von den amerikanischen Alliierten mitorganisierte Festival sollte eine "kulturpolitisch wichtige Schaufensterveranstaltung des westlichen Films gegenüber dem Osten" sein.
"Eine Woche nach Gründung der Berlinale in West-Berlin gab es eine kommunistische Variante in Ost-Berlin: das Festival des Volksdemokratischen Films, das ist dann ziemlich schnell wieder in der Versenkung verschwunden", sagt der heutige Berlinale-Direktor Dieter Kosslick im dpa-Gespräch. Der Ost-West-Konflikt und die Debatte um den Vietnam-Krieg führte in der Zeit des Kalten Krieges zu Skandalen. 1970 sorgte Michael Verhoevens Vietnam-Parabel "o.k." für Krawall. Weil sie den Film für "unamerikanisch" hielt, trat die Jury zurück, der Wettbewerb wurde abgebrochen. 1979 reisten die Ostblock-Staaten protestierend ab. Grund war der amerikanische Vietnamkriegsfilm "The Deer Hunter - Die durch die Hölle gehen" mit Robert De Niro.
1974 war der erste sowjetische Film gezeigt worden: Rodion Nachapetows "Mit dir und ohne dich". Ein Jahr später beteiligte sich auch die DDR und schickte Frank Beyers "Jakob der Lügner" in den Wettbewerb. Viele Berlinale-Werke schrieben Filmgeschichte. Darunter die mit einem Goldenen Bären ausgezeichneten Werke "Der Lohn der Angst" von Henri Georges Clouzot, "Die Sehnsucht der Veronika Voss" von Rainer Werner Fassbinder, "Die zwölf Geschworenen" von Sidney Lumet, "Alphaville" von Jean-Luc Godard und "Wilde Erdbeeren" von Ingmar Bergman. Die Berlinale war das erste große Festival, das einem asiatischen Regisseur den Hauptpreis verlieh. Zhang Yimou aus China erhielt 1988 für "Rotes Kornfeld" den Goldenen Bären.
Gegen den Golfkrieg
Dass eben nicht nur Glanz und Glamour zählen, bewies die Berlinale unter der Leitung von Kosslick. "Nach dem 11. September 2001 sprachen sich viele Schauspieler auf der Berlinale gegen den Golfkrieg aus. 2003 ging der Goldene Bär an Michael Winterbottoms 'In This World' über Afghanistan", erinnert sich der Festivalchef. "Auf dem roten Berlinale-Teppich standen drei ehemalige Guantanamo-Gefangene, und wir haben Errol Morris' Dokumentarfilm 'Standard Operating Procedure' über das Foltergefängnis Abu Ghraib und George Clooneys Politthriller 'Syriana' gezeigt."
Kosslick, der die Berlinale seit 2001 leitet, holte auch die deutschen Filmemacher wieder auf das Festival zurück, die lange Jahre von der Hollywood-Dominanz verdrängt worden waren. "Im Jahr 2002 waren erstmals vier deutsche Filme im Wettbewerb. Es wurde normal, dass deutsche Filme dort gut vertreten sind." Mit Oskar Roehler, Benjamin Heisenberg und Burhan Qurbani konkurrieren auch 2010 wieder drei Deutsche um den Goldenen Bären, wobei die beiden ersteren für ihre Filme "Jud Süß - Film ohne Gewissen" und "Der Räuber" auch auf österreichische Beteiligung zurückgriffen. Insgesamt finden sich 14 österreichische (Ko-)Produktionen im Programm der Berlinale.
Einen Star-Regisseur würde Kosslick übrigens gerne endlich einmal auf dem Festival begrüßen: "Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn jemand kommen würde, der mit seinen Filmen schon 18 Mal auf der Berlinale vertreten war und damit mit weitem Abstand den Rekord hält: Meister Jean-Luc Godard."