Kann ein Film über eine junge Deutsch-Türkin Unterdrückung und Zwangsehe weglassen? Ja! Hatice (Idil Üner) sind diese Dinge fremd. Sie ist Mitte 30, Hamburger Single und sucht die große Liebe. So weit, so normal. Und trotzdem gibt es etwas, das sie von ihrer Freundin Julia unterscheidet: Sie hat ein anatolisches Dorf im Hinterkopf und eine türkische Familie in Salzgitter. Ab Donnerstag im Kino.

Regisseurin Buket Alakus spielt in ihrem neuen Film "Einmal Hans mit scharfer Soße", der auf dem autobiografischen Roman von Hatice Akyün basiert, mit sämtlichen Klischees. Hatice pendelt zwischen Hamburg und Salzgitter, zwischen ihrem Leben als moderner junger Frau und ihrer traditionsbewussten Familie. Deren Alltag wiederum scheint sich zwischen dem Einkauf im türkischen Supermarkt und dem Besuch türkischer Hochzeiten abzuspielen. Und überall stellt sich die Frage: Wann heiratet Hatice endlich?

Denn so stolz Vater Ismael (Adnan Maral) auch auf seinen Mercedes ist - so stur hält er auch an seinen anatolischen Traditionen fest. Und die besagen, dass die jüngere Tochter Fatma (Sesede Terziyan) erst nach Hatice heiraten darf - obwohl sie längst einen türkischen Freund hat. Als Fatma schwanger wird, muss Hatice schnell einen Schwiegersohn mit nach Hause bringen.

Neun Jahre hat es gedauert, bis das Buch von Hatice Akyün es in die Kinos geschafft hat. Immer wieder hatten Regisseure der Autorin vorgeschlagen, ihre Filmfigur könne doch ein Kopftuch aufsetzen - und es dann als Befreiung im Laufe der Geschichte ablegen. "In vielen Gesprächen und Situationen habe ich gemerkt: Da stimmt das Bild nicht. Mein Gegenüber hat ein Bild von einer türkischstämmigen Frau im Kopf, dem ich nicht entspreche", sagt Akyün.

Umso wichtiger war es Akyün, mit Buket Alakus eine Regisseurin gefunden zu haben, die einen ähnlichen Hintergrund hat und der sie vertraut. "Dadurch, dass sie selbst eine türkische Tochter ist, kannte sie viele Situationen aus ihrem eigenen Leben - das hat es sehr schön und spannend gemacht, dieses Projekt mit ihr zu entwickeln." Auch die Schauspieler, die ihre Familie sehr überzeugend darstellen, sind türkischstämmig.

Im Film tragen nur Mutter Emine (Siir Eloglu) und Schwester Abla (Demet Gül) ein Kopftuch. Doch auch Hatice tauscht ihren kurzen Minirock vor dem Ortsschild Salzgitters stets gegen den längeren "Papa-Rock" - erst gegen Ende entscheidet sie sich bewusst dagegen. Das mag als lustige Anekdote gedacht sein, erinnert jedoch an einen Befreiungsschlag.

Der Film ist aber gerade dann spannend, wenn er das Identitäts-Dilemma der Protagonistin thematisiert. Sozialisiert in Salzgitter, fühlt sie sich zu deutsch, um türkisch zu sein. Und zugleich zu türkisch, um deutsch zu sein. Da werden nicht nur Dates abgesagt, wenn der deutsche Mann lieber im Auto statt in der Kälte vor der Tür wartet.

Ständig präsent in Hatices Alltag ist das anatolische Dorf in ihrem Hinterkopf. Droht ein Verstoß anatolischer Wertvorstellungen, taucht eine kleine Gruppe traditionell gekleideter Anatolier auf und macht Hatice lautstark darauf aufmerksam. Argumentiert sie am Anfang noch gegen die Gruppe, akzeptiert sie die Meinung des Dorfes im Verlauf der Geschichte.

Hatice Akyün wollte mit ihrer Autobiografie "das normale Bild einer türkischstämmigen Frau" beschreiben. Die Botschaft kommt auch im Film an und macht "Einmal Hans mit scharfer Soße" zu einem wichtigen Beitrag in der öffentlichen Wahrnehmung des deutsch-türkischen Zusammenlebens. Dennoch fehlt es dem Film an einer neuen Perspektive. Am Ende ist es die Vater-Tochter-Beziehung, die berührt. Die entpuppt sich - anatolisches Dorf und Traditionen zum Trotz - als universell gültig: Ismael will, dass Hatice glücklich ist.