Es ist das Pflichtteilsrecht, das sich durch die Erbrechtsreform, die mit 1. Jänner 2017 in Kraft trat, am stärksten verändert“, sagt die Hartberger Notarin Marcella Handl. Der wichtigste Punkt dabei: „Seit Jahresbeginn haben Eltern zwar nach wie vor einen gesetzlichen Erbanspruch, aber keinen Pflichtteilsanspruch mehr.“ In der Praxis bedeutet das: „Wenn ich bei meinem Ableben keine Kinder habe, und ich auch nichts anderes verfügt habe, erben meine Eltern zu einem Drittel mein Vermögen - auch wenn ich verheiratet bin. Mit der Erbrechtsreform kann ich aber testamentarisch verfügen, dass mein Partner oder jemand anders alles bekommt und meine Eltern nichts mehr fordern können.“

Besserstellung für den Partner

Lebensgefährten wurden mit der Reform im Erbrecht zwar erstmalig bedacht, aber keinesfalls abgesichert: „Um zu gewährleisten, dass der eigene Lebensgefährte nach dem Ableben etwas bekommt, ist nach wie vor unbedingt ein Testament zugunsten des Partners nötig - das kann man gar nicht oft genug sagen“, betont Marcella Handl. Lebensgefährten sei nämlich nur ein außerordentliches Erbrecht zugestanden worden: „Nur, wenn es gar keine Erben mehr gibt, also bevor der Staat alles bekommt, erbt der Lebensgefährte“, sagt Handl und fügt hinzu, dass sich fast immer irgendein entfernter Verwandter, eine Nichte, ein Neffe oder ein Cousin findet.

Eine eindeutige Besserstellung des Lebensgefährten gibt es durch die Erbrechtsreform allerdings beim Wohnrecht: „Wer in den letzten drei Jahren vor dem Ableben seines Partners mit ihm gemeinsam in dessen Wohnung oder Haus gelebt hat, darf hier zumindest ein Jahr befristet wohnen bleiben - „weil sich ein gesetzliches Vorausvermächtnis ergibt“, wie Handl sagt. „Ehepartner genießen dieses Privileg übrigens immer unbefristet und unabhängig davon, ob es ein Testament gibt oder nicht,“ fügt die Juristin hinzu.

Marcella Handl
Marcella Handl © (c) J�rgen Fuchs (J�rgen Fuchs)

Erweitert wurden durch die Reform die Enterbungsgründe und auch die Möglichkeit, den Pflichtteil auf die Hälfte zu reduzieren: „Voraussetzung dafür ist, dass der Verstorbene vor seinem Ableben längere Zeit - etwa 20 Jahre - kein Naheverhältnis zu seinen Kindern beziehungsweise Pflichtteilsberechtigten hatte. Früher lautete die Formulierung ,zu keinem Zeitpunkt'.“ Zu den guten Nachrichten gehört laut der Juristin auch die neue gesetzliche Stundungsmöglichkeit von Pflichtteilsauszahlungen in Fällen, in denen einen diese Auszahlung „unbillig hart“ treffen würde: „Wer etwa eine Liegenschaft erbt, die er dringend zum Wohnen benötigt, die er aber verkaufen müsste, um die Pflichtteile an andere auszahlen zu können, kann sich diese Schulden bis zu fünf Jahre - in Ausnahmefällen auch bis zu zehn Jahre - stunden lassen“, sagt Handl.