Mit einem stählernen Frachtcontainer hat das Zuhause von Luke Iseman wenig gemein. Es hat mehrere Fenster, eine kleine Veranda und eine Duschzelle. Die Wände sind leuchtend blau, die Küchenregale orange gestrichen. Dazu kommt eine gemütliche Ecke unter dem Hochbett, und das alles in einem Raum. Iseman wohnt in einem 20-Fuß-ISO-Container, der einst Frachtgut beförderte. Sechs Meter lang, knapp zweieinhalb Meter breit, gut 2,50 Meter hoch.

Der 32-jährige Startup-Berater besitzt eine von sechzehn Mini-Residenzen in einer riesigen Lagerhalle, bei der Bay Bridge, die Oakland mit San Francisco verbindet. Die Wohnalternative in dem Industrieviertel in der East Bay hat den Spitznamen "Containertopia". "Das hier ist irgendwie unsere Utopie", sagt Iseman.

Vor allem ist es eine der wenigen billigen Wohnmöglichkeiten im Raum San Francisco und Silicon Valley, wo die Mieten durch den Tech-Boom in den vergangenen Jahren astronomische Höhen erreicht haben. Die monatliche Durchschnittsmiete für ein One-Bedroom (ein Schlaf- und Wohnzimmer plus Küche oder meistens Küchenzeile) liegt in San Francisco bei über 3.500 US-Dollar (3.195,76 Euro). Damit ist die US-Westküstenstadt jetzt teurer als Manhattan.

Iseman hatte es satt, als er und eine Freundin für eine "ziemlich miese Wohnung" in San Francisco monatlich 4.600 Dollar (4.200,15 Euro) zahlen mussten. Die Lagerhalle in der East Bay kostet ihn rund 9.000 Dollar (8.217,68 Euro) im Monat, für jeden Containerplatz kassiert er 600 Dollar (547,85 Euro) Miete. "Damit mache ich noch einen kleinen Profit, und wir können alle billig wohnen", sagt der Jungunternehmer.

Ausrangierte Frachtcontainer sind schon ab 2.000 Dollar (1.826,15 Euro) erhältlich. Iseman investierte rund 9.000 Dollar in eine "Luxusausstattung" mit Dusche, Toilette und Solardach. Die meisten Arbeiten machte er selbst.

Das Durchschnittsalter der Bewohner in "Containertopia" sei um die 30, schätzt Iseman. Einige Künstler, aber vor allem Software-Ingenieure und Leute aus der Tech-Branch,e teilen sich die Lagerhalle, eine Werkstatt und Toiletten. Ihr Container-Zuhause haben sich viele mit Liebe zum Detail eingerichtet, mit Holzvertäfelungen und Vorhängen an den Fenstern.

Mehr als preiwertes Wohnen

Auch die Kalifornierin Camille Macrae baut ihren Wohncontainer selbst aus. Die 24-jährige Industriedesignerin hat ein rollendes Bettgestell entworfen, um den kleinen Raum optimal zu nutzen. Nach dem Studium in Chicago kehrte sie nach San Francisco zurück und zog zunächst wieder bei den Eltern ein. Eine Wohnung konnte sie sich nicht leisten. "Ich kenne Leute, die auf kleinen Segelbooten wohnen oder abwechselnd bei Freunden und in ihren Autos schlafen", erzählt Macrae.

Doch für sie ist "Containertopia" mehr als nur preiswertes Wohnen. "Ich freue mich darauf, mit weniger auszukommen und effizienter zu leben. Ich hatte immer zu viele Sachen", erklärt die Amerikanerin.

Für Anhänger des Mikro-Lebensstils gibt es in den USA immer mehr Angebote. Eine Firma im US-bundesstaat Montana liefert komplett ausgebaute Container mit Küche und Bad. Zahlreiche "Tiny House"-Unternehmen spezialisieren sich auf Minihäuser mit nur einem Raum, teilweise auf Rädern.

Alternatives Wohnmodell

"Ich könnte leicht 1.000 Container in der Bay Area vermieten", sagt Iseman. Der Bedarf und das Interesse seien enorm. Doch das alternative Wohnmodell liegt gesetzlich in einer Grauzone. Iseman verhandelt derzeit mit den Behörden, welche Bauvorschriften für Containersiedlungen gelten. Das betrifft auch Minihäuser auf Rädern. In vielen Staaten und Gemeinden erschweren Gesetze die Situation.

Iseman hoft hofft auf einen wachsenden Trend in den USA, der mit Umweltbewusstsein und dem Wunsch nach einem einfacheren Lebensstil einhergeht. "Wir müssen etwas Besseres in die Welt einbringen, als das Ziel, in riesigen Häusern zu leben und benzinfressende SUVs zu fahren."