Das ist die Küche“, sagt Iggy mit einem verschmitzten Lächeln. Die offene, moderne Küchenzeile verlangt kaum nach einer Erklärung. Fällt der Blick auf den schier endlose langen Esstisch, ist auch klar, dass sich das gemeinschaftliche Leben hier abspielt. Hier, das ist die Wohngruppe für Jugendliche des SOS Kinderdorfs im Grazer Messequartier. Aktuell leben in der WG zehn Mädchen. „Es wohnt sich super hier“, sagt Iggy, die ihr neues Heim stolz zeigt. Neu deswegen, da die WG im Herbst dieses Jahres eröffnet wurde.

Die „alte“ WG war am Weiberfelderweg beheimatet. Weg vom Schuss, weg von der Infrastruktur des Stadtzentrums. Im Messequartier sind die Mädchen nun mitten im Leben. Realisiert wurde das Projekt mit der ENW und dem Architekten Markus Katzenberger. „Wir haben lange gesucht und die ENW hat uns sehr gut aufgenommen“, schildert Susanne Maurer-Aldrian, Geschäftsleiterin Süd des SOS Kinderdorfs, die Herbergssuche. Gedauert hat diese rund eineinhalb Jahre. „Wir möchten den Mädchen ein schönes Umfeld bieten, in dem sie ihre Rucksäcke in Ruhe bearbeiten können. Denn eine solch schöne Umgebung spornt an.“

Ruckssäcke bringen die jungen Frauen alle mit. Keine der Bewohnerinnen kann im Moment – aus verschiedensten Gründen – bei ihren Familienleben. Sie finden Zuflucht, ein Zuhause auf Zeit und Hilfestellung. Betreuer sind immer anwesend. Eine Hauswirtschafterin kocht täglich – mit den Mädchen. Meist klappt das Zusammenleben gut, hin und wieder fliegen die Fetzen. Oder die Türen. Was bei zehn Teenagern in einer WG nicht verwundert.

„Am Vormittag sind wir in der Schule oder bei der Arbeit, je nachdem“, erzählt Iggy aus dem Alltag. Mädchen, die am Vormittag frei haben, leisten einen Dienst an der Gesellschaft. Sie helfen zum Beispiel beim Kochen des Mittagessens. „Es geht darum, eine Struktur in den Tag zu bringen und ein familiäres Umfeld zu schaffen“, sagt Maurer-Aldrian. Es gibt auch zahlreiche Angebote für gemeinsame Aktivitäten, wie Kekse backen in der Weihnachtszeit.

„Man muss da aber nicht mitmachen, wenn man nicht möchte“, sagt Iggy. Denn die jungen Frauen brauchen Rückzugsraum: Jede kann ein rund 14 Quadratmeter großes Zimmer ihr eigen nennen, je zwei teilen sich ein Bad. Insgesamt misst die WG rund 300 Quadratmeter. Die Zimmer sind hell, die Einrichtung ist aus Massivholz. „Jedes Zimmer hat ein etwas größeres Bett, das auch zum Loungen einlädt“, erklärt Tischler Gernot Pichler, der für die Inneneinrichtung verantwortlich zeichnet. Er hat modulare, widerstandsfähige Möbel für die WG entworfen, bei denen man rasch ein Element austauschen kann, sollte es kaputt werden. Auch das neutrale Farbkonzept zieht sich durch die gesamte Wohnlandschaft: naturfarbenes Holz, viel Weiß und da und dort ein grünes Detail.

Bei Bedarf ist die WG auch trennbar, die zwei Hälften sind spiegelgleich angelegt. Und im ersten Stock gibt es noch zwei Wohnungen, die ebenfalls betreut werden und etwas älteren Mädchen Raum für Selbstständigkeit bieten.

Unterschlüpfen zu können, hat Iggy geholfen. Sie schmiedet Pläne und würde gerne eine Ausbildung im weiten Feld der EDV machen. Aktuell wartet sie gerade auf einen Platz in der Produktionsschule Floßlend. In Momenten der Ungewissheit helfen die Betreuer weiter. „Mit ihnen kann man sich gut unterhalten. Besonders mit Margret, unserer Hauswirtschafterin.“ Am Ende der Führung durch die WG meint Iggy: „Ich würde euch gerne das Bad zeigen, aber wir sind mit dem Putzplan etwas hinten nach.“ So ist das Leben. In jeder WG. Immer.