Die jüngste Planung ist die eines Hotels. Für Insekten. Das hat Gerald Kastberger auf seiner Terrasse eingerichtet, die derzeit einer Generalüberholung unterzogen wird, im Zusammenhang mit einer eben erfolgten Fassadensanierung in diesem Abschnitt eines Grazer Architektur-Meilensteins - der Terrassenhaussiedlung in St. Peter.

Seit mehr als dreißig Jahren lebt der Zoologe in dem zwischen 1965 und 1978 errichteten Komplex mit mehr als 500 Wohnungen. Ein Zeitraum, der die Frage nach der Wohnzufriedenheit wohl erübrigt. Rund 80 Quadratmeter hat Kastberger seinerzeit bezogen und im Lauf der Jahre das Kunststück zuwege gebracht, diese auf 130 Quadratmeter zu erweitern. Ohne Zukauf, ohne Anbau.

Des Rätsels Lösung: eine Galerie. Der Spezialist für die Apis dorsata vulgo Riesenhonigbiene alias „Giant Honey Bee“ - über sie drehte er u. a. einen TV-Film, der bislang von geschätzten 100 Millionen Menschen gesehen wurde und in dessen englischsprachiger Version Sir David Attenborough als Erzähler fungiert - entschied sich Anfang der 1980er-Jahre für eine der Atelierwohnungen. Die in jeder Hinsicht auf Vielfalt achtenden Architekten der Werkgruppe Graz hatten bei diesem Wohnungstypus als Herzstück einen zwei Etagen hohen, würfelförmigen Raum vorgesehen.

Der innenarchitektonische Autodidakt Kastberger hat mit großem Ideenreichtum diesen Raum in seiner Höhe erhalten - und dennoch die erwähnte Quadratmetermaximierung geschafft. Vor allem mit einer Galerie. Sie erschließt einerseits einen Teil der umfangreichen Bibliothek, andererseits wurde sie in einen Arbeitsraum verwandelt. In ein Office, in dem man sich (fast) wie in der Kommandozentrale eines Raumschiffs fühlt. Unter anderem stehen hier sieben Monitore bereit.

Viele Möbel hat der auch handwerklich talentierte emeritierte Professor der Universität Graz selbst gebaut, praktisch die gesamte Einrichtung selbst entworfen und mit Handwerkern seines Vertrauens realisiert. Auch hinsichtlich klug durchdachter Einbauten drängt sich der Begriff „Raumwunder“ auf: „Ich habe ein großes Archiv und bin ein Sammler, da ist Stauraum kostbar.“

Kastberger liebt Tiere, er ist aber auch von Technik fasziniert. Anhand seiner Sammlung ließe sich problemlos eine Geschichte des Computers erzählen. Und küchentechnisch ist der begeisterte Koch ebenfalls auf der Höhe der Zeit. In der naturgemäß bis ins letzte Detail durchdachten Hightech-Version einer Frankfurter Küche ist derzeit ein Thermomix, eine multifunktionale Küchenmaschine, sein liebstes Stück: „Der kocht praktisch von selbst.“

Eine ganz besondere Kostbarkeit konnte Kastberger gerade noch aus der Grazer Uni retten: eine runde Deckenleuchte aus einem Hörsaal, die im Zuge einer Renovierung entsorgt werden sollte. Sie ist nun das markante Prunkstück im hohen Atelierraum. Was sie für Kastberger besonders wertvoll macht: „Sie wurde von Karl von Frisch, dem großen Bienenforscher, persönlich für den Hörsaal ausgesucht.“ Der Nobelpreisträger lehrte von 1946 bis 1950 in Graz, 1973 wurde er (gemeinsam mit Konrad Lorenz und Nikolaas Tinbergen) mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ausgezeichnet.