Ein Rückzugsort sollte es sein. Einer, an dem man dem Alltag der Großstadt entfliehen kann. Gefunden hat der Wiener Bauherr sein Wunschdomizil fürs Wochenende dann im Raum Eisenstadt: einen heruntergekommenen Streckhof aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Nicht gänzlich marode, aber vom Vorbesitzer „verrenoviert“, wie er sagt. Zubetoniert, mit Plastikfenstern verschandelt, jedenfalls alles andere als wohnlich.

Also galt es, das alte Streckhof- Konzept wiederzuentdecken, es mit modernen Elementen neu zu interpretieren. „Einiges war zerstört, wir mussten das Ensemble mit Respekt an die Substanz zurückführen mit pointierten Akzenten, aber ohne sich in den Vordergrund zu rücken“, erklärt Thomas Längauer von Purpur Architektur das Projekt im Nachhinein. So wichen etwa die Fenster aus Plastik solchen aus alter Fichte. Böden, die sich harmonisch dem Historischen anpassen, wurden neu verlegt: geölte Bohlen aus Lärchenholz. Zwei antike, schwere Eisentüren sind die Eingänge zu Technikraum und Kartoffelkeller. Keine Originale, aber sie passen zum Stil. „Seinerzeit hat man hier Türen wie diese verwendet. Wir haben uns auf die Suche gemacht und wieder solche aufgetrieben“, so der Bauherr.

Neu gedeckt hat man den Stadl. Allerdings mit den originalen Ziegeln, nachdem Fachleute das Dach hinterlüftet und die bestehende Balkenkonstruktion mit einer Dämmung versehen haben. Überhaupt hat es der Stadl der Wiener Familie angetan. Hier hatten die Vorbesitzer Tiere gehalten und Traktoren abgestellt: Es war eben ein Wirtschaftsgebäude – heute ist es das Wohnzimmer des Anwesens. Losgelöst vom Haupthaus bildet es nun das Herz des Ensembles. Gleichzeitig ist der Stadl ein Verbindungsstück: Zwei überdimensional verglaste Portale, die man öffnen kann, ermöglichen den Übergang vom Hof in den Garten.

Dort, unter den Blüten eines prächtigen Apfelbaums, spielen die Kinder, hat der Bauherr die Gelegenheit, das Landleben zu genießen. Dabei gab es Überlegungen, den Stadl wegzureißen. Aber die Scheune blieb, ihre Steinmauern wurden innen vom alten Putz befreit, restauriert und isoliert. „Von hier aus zuzusehen, wie es an kalten Wintertagen schneit, ist traumhaft“, schwärmt der Bauherr, der inzwischen auch Geschäftstermine im Streckhof abhält und immer wieder Freunde und Bekannte einlädt – im Gästetrakt ist reichlich Platz: „Es ist erstaunlich, wie lange die hier ausschlafen können.“