Aus Bauträgersicht war es ein Glücksfall, das unsanierte, viergeschoßige Gründerzeithaus im Grazer Bezirk Jakomini. „Früher einmal waren hier Studentenwohnungen, zum Schluss lebte nur noch der Eigentümer im Haus, das restliche Gebäude stand leer. Im damaligen Zustand waren die Wohnungen ohnehin nicht mehr vermietbar“, erzählt der Architekt Dietmar Koch von der Leitner Planung & Bauaufsicht GmbH. Da das Haus im Laufe der Jahre nie modernisiert und saniert worden war, waren aber alle historischen Teile gut erhalten - auch die Innenausstattung samt alten Rahmen- und Füllungstüren und Böden. Es war einfach „ein insgesamt schönes Haus“, das die Leitner-Gruppe 2015 erstand, um es umfassend zu sanieren und dabei sehr schonend mit der historischen Bausubstanz umzugehen - sie sozusagen wiederzubeleben und aufzupolieren.

Aus ursprünglich zwei Wohnungen pro Etage wurden dabei jeweils drei gemacht, im Dachgeschoß fanden vier Wohneinheiten Platz. „Das Dach war vorher nur hofseitig ausgebaut, darüber gab es noch einen Galeriebereich“, erzählt Koch. Jene Wohnungen, die ursprünglich nur straßenseitig Fenster hatten, wurden durch den Umbau hofseitig orientiert - nach Westen, mit Blick ins Grüne. Von dem technisch doch massiven Eingriff in die Substanz - einen Lift bekam das Haus schließlich auch noch - ist beim Hausbesuch nichts zu spüren: Die tragende Struktur des Gebäudes blieb erhalten, es wurden lediglich einige Versetzungsarbeiten durchgeführt und Durchgänge geschlossen. Alle alten Rahmenfüllungstüren, die an einer Stelle ausgebaut wurden, kamen an einer anderen Stelle im Haus wieder zum Einsatz. „Alle Elemente wurden wiederverwertet“, sagt Koch. Auch die alten Böden blieben erhalten.

Das Alte bewahren

Die straßenseitigen Kastenstockfenster wurden nicht thermisch saniert, sondern nur abgedichtet. Neu gedämmt wurden das Dach, die Feuermauern und die Hofseite. Damit konnte der Heizenergiebedarf des Gebäudes trotz einer Vergrößerung der Wohnfläche um 20 Prozent um zwei Drittel gesenkt werden. Entsprechend den aktuellen Standards in Sachen Wohnkomfort bekamen 12 der insgesamt 15 Wohnungen durch den Umbau einen Balkon.

„Die neuen Mietwohnungen, die hier entstanden sind, hätten wir im vergangenen September alle gleich mehrfach vergeben können“, merkt Koch an, zumal der Einsatz von Wohnbaufördermitteln des Landes eine Deckelung des Mietzinses bedingt. Für eine 72 m2 große Wohnung fallen hier samt Betriebskosten und Heizung monatlich 600 Euro an Kosten an.

Gesucht - und gefunden

Für das Studentenpaar Edina Ortner und Manuel Weinhappl, die hier ihre erste gemeinsame Wohnung bezogen haben, war es pures Glück, rechtzeitig von dem Projekt erfahren zu haben. „Wir haben eineinhalb Jahre gesucht und nichts gefunden, wo Preis, Lage und Grundriss gepasst hätten“, erzählt Ortner, die auf jeden Fall in einem Altbau wohnen wollte - mit massivem Parkett und Flügeltüren. „An dieser Wohnung hat uns vor allem gefallen, dass Küche und Wohnzimmer offen sind - und mit dem Balkon in den grünen Innenhof hinein ist es auch noch unglaublich hell.“
Die Qualität der Sanierung hat unlängst auch das Land Steiermark anerkannt - mit der Auszeichnung „beispielhafter Wohnbau“.