Leben ist Veränderung – und Kontinuität. Und der Blick fürs Wesentliche. Der Südsteirer Rupert Rauch kann ein Lied davon singen. Er ist nur einmal in seinem Leben umgezogen – und entfernte sich dabei gerade einmal zwei Kilometer von seinem Elternhaus, trotzdem ist er nicht stehen geblieben: Genau genommen baut er seit 23 Jahren um.

Es begann 1993 mit Rauchs Entscheidung, sich gemeinsam mit seiner damaligen Partnerin auf einem alten Bauernhof inmitten von etwa 1,5 Hektar Wald und Wiese in Straden häuslich niederzulassen. Dass er sich mit dem Bauernhaus aus den 1960ern, das damals schon Jahre lang leer stand (und einem noch viel älteren Viehstall daneben), eine Menge Arbeit kaufte, störte ihn nicht. Für den gelernten Bautechniker war es damals einfach an der Zeit, den Pendlerjob in Leibnitz aufzugeben und auf „Lebensraumgestalter“ umzusatteln.

Der Hof vor dem Umbau
Der Hof vor dem Umbau © (c) Dieses Bild ist urheberrechtkich geschützt und darf ohne Zustimmung von Oliver Wolf nicht verwendet werden.

Der erste Lebensraum, den er dabei gestaltete, war sein eigener. In den ersten zehn Jahren wurde das alte Bauernhaus mit alten Ziegeln neu gedeckt, gedämmt und mit Lärchenholz verschalt, um einen Wintergarten ergänzt und mit einer Kombination aus Solarenergie, Erdwärme bzw. Wärmepumpe und Holzheizung ganzjahrestauglich gemacht. Rauch setzte dabei von Anfang an auf Wand- und Fußbodenheizung.

Das alte Stallgebäude blieb innen vorerst ungenutzt, erfüllte äußerlich aber den Zweck, gemeinsam mit dem neuen Wintergarten einen geschützten Innenhof zu bilden. „Ich habe das Alte einfach ausgebaut, erweitert und überdacht“, sagt Rauch, der dabei auch einen neuen Blick auf die Welt bekam: „Man muss nicht immer nach dem ganz Besonderen Ausschau halten, es gibt auch so genug zum Schauen“, lautet sein Credo. Bei Rauch manifestiert sich das in unzähligen Details, die in Summe ein stimmiges, ganz persönliches großes Ganzes ergeben.
Rauchs Möbel und Deko-Stücke sind folgerichtig alle nicht aus dem Katalog und gekostet haben sie ihn häufig nur die Mühe, sie vom Sperrmüll anderer Leute zu retten, aufzupolieren und neu in Szene zu setzen: Nehmen wir etwa die alten Werkzeug- und Nähzeugkisten oder Werkbänke, die bei Rauch an vielen Stellen für den Wow-Effekt sorgen. Die Bilder an der Wand zeugen von der künstlerischen Ader des Hausherrn, der leidenschaftlich gern fotografiert und mit Holz arbeitet. Hinzu kommen Bilder guter Freunde und Designstücke wie Lampen, für die die Vorbesitzer vermutlich einfach nicht den richtigen Blick hatten, sonst hätten sie sie wohl nicht ausrangiert. Die perfekte Basis, um derlei Stücke in Szene zu setzen, ist Wandfarbe – für jeden Raum wurden andere Töne gewählt. Die bunte Palette reicht von zarten Erdtönen bis zu kräftigem Rosa für das „Herrenzimmer“, wie Rauch sein Garderoben- und Fernsehzimmer im Parterre nennt.
Ganz schön kreativ zeigte sich der Hausherr auch beim Um- und Ausbau des Stallgebäudes zu einem Ferienapartment (im ehemaligen Saustall), einer Werkstatt (wo früher der Kuhstall war) und einem Büro (auf dem alten Heuboden).

Oliver Wolf
Oliver Wolf © (c) Dieses Bild ist urheberrechtkich geschützt und darf ohne Zustimmung von Oliver Wolf nicht verwendet werden.

Außen wurde dem alten Gebäude 2008 in Handarbeit eine Fassade aus alten Steinen vorgesetzt. Beim Innenausbau ließ sich der Hausherr dann von Weinkisten inspirieren: „Ich war gerade als Skilehrer in Ischgl, als ich eines Tages sah, wie jemand eine ganze Ladung Sperrholzkisten in sein Auto packte, um sie zum Müllplatz zu transportieren. Ich fand einfach, dass es schade um das Material war, weil es mir gut gefallen hat, und habe es damals kurzerhand mit nach Hause genommen“, erzählt er.

Die Kisten gibt es längst nicht mehr, aber sie brachten Rauch auf die Idee, den gesamten Innenraum mit Seekieferplatten auszubauen: Das Material zieht sich von der Treppe über den Boden und die Wände. Auch die Schreibtische und Regale im Arbeitsraum unter dem Dach wurden daraus gefertigt: „Der Kollege, mit dem ich mir das Büro teile, ist zum Glück Tischler“, erklärt der Hausherr, wie hier eines das andere ergab.

Oliver Wolf
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Die Kombination von Seekieferplatten und Linoleum (als Tischoberfläche) oder Metall (als Regalboden) sieht man übrigens auch in Rauchs Wohnbereich. „Es geht nicht immer um Geld, oft reichen kleine Ideen“, beschreibt der Hausherr seine Art, Lebensräume zu gestalten. Und er kommt damit an, was nicht zuletzt auch die Nachfrage nach seinem „Künstlerzimmer“ bzw. Ferienapartment beweist: Rauch dachte an eine Aufstockung der Gästebettenanzahl von zwei auf vier und erlaubte sich dabei zu träumen: einen typischen Bubentraum – den von einem Baumhaus. Und weil der Mann nun einmal beschlossen hat, seinen Träumen in der Realität viel Raum zu geben, steht jetzt ein 50 Quadratmeter großer Bubentraum mitten in seinem Garten bzw. Wald. Genau genommen ist es eine einfache Hütte auf Stelzen, bestehend aus einem geschlossenen Raum (gezimmert aus Fichtenholzbrettern) und einer Terrasse davor. Eine luftige Fassade aus vertikalen Holzlatten gibt der Konstruktion von außen ein elegantes Erscheinungsbild. Unter dem Haus ergibt sich ein überdachtes Freiluftwohnzimmer mit buntem Mobiliar.
Wer sich hier niederlässt, hat im Waldgarten einiges zu schauen: Da wäre zum Beispiel ein Holzzaun mit silbernen Krönchen aus Alu-Konservendosen oder eine bunte Vogelhaussiedlung in den Ästen. Wintertauglich ist das Baumhaus zwar nicht und auch nur in Kombination mit dem „Künstlerzimmer“ zu mieten, aber der nächste Sommer kommt ja bestimmt. Und bis dahin fällt dem hauptberuflichen „Gast- und Ideengeber“ auch sicher noch etwas Neues ein.