Das Wort Strohhaus startet das Kopfkino. Bilder von karibischen Hütten, sonnenwarmen Heuböden oder Einstreu für Kuh und Pferd entstehen. All diese Bilder haben mit modernen Strohhäusern allerdings nichts zu tun. Im Gemeinschaftsbüro der pluspunkt-Architekten in Graz haben drei der vier Planer ein Strohhaus – ein eigenes. „Bei uns hat einer den anderen mit dem Stroh-Virus infiziert", erzählt Jörg Spöttl. Auch er konnte mit Strohballenbau nichts anfangen, bevor ein Bauherr explizit nach einem gesunden und nachhaltigen Sanierungskonzept suchte. Heute, nach der Realisierung von rund zwölf Strohhäusern als Neubauten und der Sanierung seines eigenen Wohnhauses mit Strohdämmung, sagt er: „Das Material kann alles, was es können muss." Außerdem ist es regional vorhanden, günstig, unschlagbar ökologisch und gesund. „Man kann mit Stroh einen Altbestand in ein zeitgemäßes Passivhaus umwandeln. Das lässt sich an meinem Haus, das aus den 1930er-Jahren stammt, bestens demonstrieren. Für mich war klar, dass ich mir kein Plastik auf die Fassade picke", sagt Spöttl.

Er freut sich, dass heute eine Generation am Hausbauen ist, die einen bewussteren Zugang zur Sache hat, nachhaltiger und ökologischer denkt. Die Strohballenbauweise wird stärker nachgefragt. „In Fehring haben wir das erste zweigeschoßige lasttragende Strohballenhaus Österreichs gebaut." 2017 startet auch der erste Strohballenbau-Lehrgang in Österreich mit Zertifikat.

Mit Stroh saniert: das Wohnhaus von Jörg Spöttl, ein Ziegelmassivbau aus den 1930er-Jahren
Mit Stroh saniert: das Wohnhaus von Jörg Spöttl, ein Ziegelmassivbau aus den 1930er-Jahren © Spöttl

Ein Haus mit Stroh war auch die erste Wahl des Architekten Gerald Diechler. „Unser Wohnhaus auf einem Waldgrundstück in Stattegg ist außen wie innen weitgehend kunststofffrei", erzählt er. Fast unsichtbare Solaranlagen am Dach und eine zeitgenössische Architektur zeigen: „Ein Strohhaus ist eine Haltung, kein bestimmtes Objekt!"