An Hand von Blättern und auch noch Blüten oder Früchten kann bald jemand sagen, um welches Gewächs es sich handelt. Jetzt im Winter sind die Knospen der Schlüssel zur Bestimmung, denn schon beim ersten genauen Blick zeigt sich, dass sich auch blattlose Zweige bei weitem nicht gleichen.

Edelkastanie
Edelkastanie © Helena Wallner

Mit einem Schutzschild gut verpackt und geschützt vor Frost, Schnee und Nässe schlummert in den Knospen ein wertvoller Inhalt dem Erwachen entgegen, der junge Pflanzentrieb wartet winzig klein und doch fertig ausgebildet auf seinen Auftritt, wenn durch genug Licht und Wärme das Wachstumshormon im Frühling den Startschuss gibt.
Die frostsichere Verpackung besteht aus Schuppen, die zuweilen noch pelzige Haare tragen und so einen zusätzlichen, isolierenden Luftpolster bilden oder sich mit einem Harzüberzug wappnen. Fehlen wie beim Blutroten Hartriegel die Schuppen, übernehmen die äußeren Laubblätter die Funktion.

Dirndlstrauch
Dirndlstrauch © Wallner

Man unterscheidet Blattknospen, Blütenknospen und sogenannte gemischte Knospen, die sowohl Blätter als auch Blüten beherbergen. Allen ist gemeinsam, dass sie bereits im Spätsommer und Herbst angelegt wurden. Knospen sind für die Gewächse die Zukunftsgarantie, dass sie auch in der nächsten Vegetationsperiode Fotosynthese betreiben, dass sie blühen, wachsen und Früchte bilden können.
Ob rund, oval, dick, dünn, klein oder groß, die Knospe ist das Markenzeichen des Baumes oder Strauches. Spitz und goldbraun sitzt die Birkenknospe an langen, biegsamen Zweigen, rundlich und wie rotbraun lackiert muten die Knospen der Linde an, auffällig und bis zu drei Zentimeter groß sind die klebrigen Knospen der Rosskastanie, die länglichen Knospen des Holunders wiederum besitzen weinrote bis violett-braune Knospenschuppen.

Rhododendron
Rhododendron © Wallner

Knospen galten schon immer als Symbol der Hoffnung, stehen sie doch für den Neubeginn nach einer dunklen, kalten Zeit. Nicht alle schaffen es, denn Rehe etwa im Winter echte Knospenliebhaber. Aber auch Vögel, Eichhörnchen, Hasen, Mäuse und viele andere Arten schätzen die schlummernden Triebe als Nahrung.

Unbelaubte Gehölze zu erkennen ist einfach erlernbar. Mit dem Taschenatlas Knospen und Zweige, 270 Gehölze im Winter bestimmen (15,40 Euro, Verlag Ulmer) lassen sich Bäume und Sträucher problemlos erkennen, ein Bestimmungsteil mit etwa 180 Zeichnungen hilft dabei.

Mittlerweile wird die Kraft der jungen Knospen auch in der Gemmotherapie (Gemma heißt lateinisch Knospe) genützt, die vor allem in Frankreich und der Schweiz bekannt ist und vom belgischen Arzt Henry Pol entdeckt wurde. Aus frischen Pflanzenteilen gewonnene Heilmittel kommen zum Einsatz.

Stimmt eine Wissenschaftsmeldung, dann werden wir uns in Zukunft mit dem Bestimmen beeilen müssen: Wegen der Klimaerwärmung wird die Winterruhe der Knospen immer früher beendet, so das Resultat von mehr als 20.000 Beobachtungen, die Schweizer Forscher gesammelt und jetzt veröffentlicht haben.