Mit weißen Wänden kann sich Sigurd Schwab einfach nicht abfinden. Sie sind ein klarer Auftrag für den Mann. Wenn er mit ihnen fertig ist, schimmern sie in Gold- und Silbertönen, wirken, als hätte ein Restaurator hier unter sieben Farbschichten gerade eine alte Wandmalerei entdeckt oder haben etwas von alten Spitzendeckchen. Wie nennt man das eigentlich, was Schwab hier macht? „Gute Frage“, antwortet der Malermeister. Allein: Ein Fachbegriff fällt ihm dazu auch nicht ein. „Sagen wir einfach strukturierte Oberfläche,“ schlägt er vor. Der Effekt ist immer der gleiche: Es zu sehen, genügt nicht, man muss es angreifen. Hier geht es um Haptik und Optik.

Die künstlerische Ader liegt in diesem Fall wohl in der Familie: Schon Schwabs Vater Siegfried lernte erst das Malerhandwerk und machte sich dann als freischaffender Künstler in der Obersteiermark einen Namen. Sein Sohn ging nach der Meisterprüfung - „mit 18 war ich damals der jüngste Malermeister in der Steiermark“, sagt dieser - vom Heimatort Trieben nach Graz und nahm zunächst einen beruflichen Umweg: „Ich bekam einen Job in der Justizanstalt Karlau, übernahm dort Renovierungsarbeiten, baute eine Berufsschule für Ersttäter auf und machte nebenbei meine Abendmatura“, erzählt er. Nach acht Jahren hatte er allerdings genug vom Beamtenjob, wie er sagt, und entschied sich 1989, mit 31 Jahren, für die Selbstständigkeit.

Sein berufliches Ziel? „Ich wollte einfach schöne Oberflächen“, erklärt er, warum er begann, vergilbte Gildenbücher nach alten Maler-Rezepten zu durchforsten, um diese dann nach seinem Bedarf zu modifizieren. Bis heute gehört Schwab zu den raren Exemplaren seiner Zunft, die sich ihr Material großteils selbst zusammenmischen.

Startschwierigkeiten

Die ersten Jahre der Selbstständigkeit brachten freilich kaum genug Geld zum Überleben. „In einer Zeit, in der alles eine Preisfrage ist und es bei Malern hauptsächlich darum geht, möglichst schnell viel weiße Fläche zu machen, konnte ich einfach lange nicht den Preis für meine Arbeit verlangen, den sie wert ist,“ meint Schwab. Nach acht Jahren war ihm klar, dass er aufhören oder etwas ändern musste.

Die Änderung war: Sigurds Frau Eveline hängte ihren Job als Hauswirtschaftslehrerin an den Nagel und wurde auch beruflich die kongeniale Partnerin ihres Mannes. „Wir ergänzen uns perfekt“, sagt Schwab im Hinblick auf das außerordentliche Zeichentalent seiner Frau, die als gelernte Schneiderin außerdem das Schablonenschneiden beherrscht. „Das grobe Zeichnen übernehme ich, für die Feinheiten ist sie zuständig“, sagt Schwab und meint damit auch Vergoldungsarbeiten oder das Aufbringen von Schlagmetallblättchen. Der Durchbruch für das Duo kam mit Marmorierungs- und Handmalarbeiten für den Moskauer Kreml, es folgten Aufträge für diverse Botschaften im Ausland und schließlich Arbeiten für zwei Luxusjachten eines Weltstars aus dem Filmgeschäft.

Heimspiel

Den Rummel hat Schwab mittlerweile aber hinter sich gelassen. Heute leben er und seine Frau großteils von Privataufträgen in der Steiermark und in Kärnten. „Gefragt sind dabei meist elegante, schöne Oberflächen, ausgeführt in verschiedensten Techniken; und Wandmalereien von verrückt bis ganz traditionell kommen wieder“, plaudert er aus der Schule.

Extra werben müssen die Schwabs nicht für sich, das erledigen schon die Kunden. „Aus unseren Auftraggebern werden meistens Freunde“, meinen die beiden. Und die Arbeit darf auch längst schon kosten, was sie wert ist: Die Nettopreise beginnen bei 70 Euro pro Quadratmeter und richten sich nach dem jeweiligen Aufwand. „Aber man braucht davon ja meistens keine großen Flächen.“ Oft genügen schon fünf oder sechs Quadratmeter für den Wow-Effekt.