Seit der jüngst bekannt gewordenen Übernahme des Hausmülls aus Rom durch die Verbrennungsanlage Dürnrohr (Niederösterreich) ist sogenannter "Mülltourismus" wieder in den Blickpunkt gerückt. Tatsächlich ist es üblich, Abfall zur weiteren Bearbeitung bzw. Verbrennung ins Ausland zu transportieren. Auch - streng reglemtiert und kontrolliert - nach Österreich.

Zwischen 100.000 und 300.000 Tonnen sind es laut Hans Roth, Präsident des Verbands Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VÖEB) und Chef des steirischen Unternehmens Saubermacher. "Mir ist lieber, dass er hier ordnungsgemäß genutzt und bearbeitet wird, als dass er in einer italienischen Deponie entsorgt wird", sagt Roth. Tatsächlich dient der Mül unter anderem als Energiebringer für die Industrie. In Österreich seien die Kapazitätsgrenzen zur Aufbereitung fremden Mülls mittlerweile aber ziemlich erreicht.

Aber der Abfall-Tourismus geht auch in die andere Richtung: Bis zu 150.000 Tonnen aufbereiteter Abfall werden aber wieder ins Ausland gebracht.

Einheitliche Standards

Die Gründe? Zum einen spielt die geografische Nähe zu Anlagen im Nachbarland eine Rolle, zum anderen fehlende Infrastruktur für eine Aufbereitung im eigenen Land - weshalb der Müll exportiert wird. Tschechien etwa erhalte Abfall aus Deutschland zur Entsorgung in Industriebetrieben. Großbritannien wiederum liefert nach Holland und Deutschland, aus Deutschland wiederum kommt Abfall nach Österreich.

Diese Altstoff-Ströme müssten europaweit gelenkt werden, fordert Professor Roland Pomberger von der Leobener Montan-Uni. "Wenn jedes Land für alles selbst zuständig ist, wäre das nicht sehr sinnvoll", begründet er. Aktuell wird in Brüssel ein europäisches "Abfallwirtschaftskreislaufpaket" verhandelt, indem einheitliche Standards festgeschrieben werden. "Wir wollen weg von der Deponie hin zu einem Recycling", sagen die Experten.

Forderung nach neuen Anlagen

Viele Länder wie Tschechien und Slowenien planten, ihre Recyclingquoten zu erhöhen. Andere Staaten gingen massiv von der Deponierung von Abfällen weg. Roth drängt in diesem Zusammenhang auf die Genehmigung neuer Anlagen für die Verbrennung, vor allem aber das Recycling von Abfall. Meist scheitern derartige Pläne allerdings am politischen Widerstand.

Karl Rose von der Grazer Karl-Franzens-Uni betont, dass kleinere Verbrennungsanlagen, in denen Müll verstromt werde, zur Netzstützung genutzt werden könnten, "wenngleich dies wohl politisch und genehmigungsmäßig heikel ist."

Es gebe aber gute Anzeichen, dass das Abfallwirtschaftsgesetz geändert werdeso Pomberger: "In den 1980er- und 1990er-Jahren ist der Schutzgedanke im Vordergrund gestanden, aber viele Regeln behindern mittlerweile das Recycling."