Der britische Arbeitsmarktexperte Richard Jackman, Professor an der London School of Economics (LSE), warnt vor den Folgen des Brexit-Votums. Er glaubt, dass die hohe Beschäftigungsrate in Großbritannien derzeit über die negativen Langzeitfolgen hinwegtäusche. 

Nach dem Brexit-Votum ist der Pfund-Kurs stark gefallen. Davon profitiere derzeit die britische Wirtschaft, weil etwa  britische Waren und Dienstleistungen dadurch für ausländische Käufer billiger geworden sind. Die Nachteile würden dagegen ihre Wirkung erst mit Verzögerung entfalten, sagte Jackman der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Die Beschäftigungsrate in Großbritannien war seit dem Votum der Briten für einen EU-Ausstieg am 23. Juni auf ein Rekordniveau gestiegen. Zuletzt betrug sie 74,5 Prozent. Brexit-Befürworter glauben daher, dass Ängste vor dem wirtschaftlichen Schaden des geplanten EU-Ausstiegs unbegründet sind.

Jackman dagegen warnt, der Arbeitsmarkt reagiere nur sehr langsam auf Veränderungen. Noch gebe es aber keinen Druck auf die Unternehmen, weil Großbritannien die EU nicht verlassen habe. Das könne sich aber nach dem Vollzug des Brexit ändern.

"Ruhe vor dem Tsunami"

Auch der britisch-amerikanische Arbeitsmarktexperte David Blanchflower glaubt, dass der Brexit unterm Strich Jobs kosten wird. Er spricht sogar von der "Ruhe vor dem Brexit-Tsunami". Weil insgesamt mehr Menschen eine Arbeit aufgenommen hätten, verberge die Rekordbeschäftigung, dass die Zahl der Arbeitslosen seit dem Brexit-Referendum beängstigend gestiegen sei. Die große Sorge, schrieb Blanchflower im "Guardian", sei, dass die Preise ab kommendem Jahr schneller steigen würden als die Löhne. Spätestens dann würden die Brexit-Folgen bei den Menschen ankommen.

Bisher hat sich die britische Wirtschaft trotz Brexit-Votum recht robust gezeigt. Am Donnerstag veröffentlichte die britische Statistikbehörde eine erste Schätzung zum Bruttoinlandsprodukt des Landes im dritten Quartal. Mit einem Wachstum von 0,5 schnitt die britische Wirtschaft dabei besser ab als erwartet.