Im Handelsstreit zwischen der EU und den USA läuft den Europäern die Zeit davon. Auch am Wochenende gab es keine Anzeichen dafür, dass US-Präsident Donald Trump den europäischen Herstellern von Stahl und Aluminium weiter Ausnahmen bei den neuen Einfuhrzöllen nach Ablauf der Schonfrist am Dienstag gewährt.

Die EU-Kommission bereitete deshalb Gegenmaßnahmen vor, wollte aber den Gesprächsfaden zu den USA nicht abreißen lassen. Die deutsche Wirtschaft zeigte sich enttäuscht vom Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel bei Trump, der am Freitag ohne erkennbare Annäherung bei diesem Streitthema geblieben war. Die Wirtschaft sprach sich wie zuvor die deutsche Bundesregierung für eine umfassendere Handelsvereinbarung mit den USA aus.

Bisher treffen die US-Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium vor allem China. Die USA hatten der EU bis zum 1. Mai Ausnahmen gewährt. Schon vor der Abreise Merkels nach Washington hatte es in der deutschen Bundesregierung geheißen, dass die Zölle ab dann wohl auch für EU-Hersteller gelten. Ein Regierungsvertreter sagte, dass Deutschland offen sei, mit den USA auch Gespräche über andere Zölle und den Abbau sonstiger Handelsbeschränkungen zu führen. Dafür müssten aber erst die US-Schutzzölle dauerhaft verschoben werden.

Gegenreaktionen in Vorbereitung

Auch EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström forderte in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", dass die EU "dauerhaft und bedingungslos" von den Zöllen auf Stahl und Aluminium ausgenommen wird. Derzeit liege die Priorität der Brüsseler Behörde bei diesem Thema noch auf einem Dialog auf hoher Ebene. Sollte dieser nicht fruchten, gebe es Gegenreaktionen der EU. "Wir bereiten eine dreifache Reaktion vor, die mit den Regeln der WTO kompatibel sein wird", zitierte das Blatt Malmström. Im Gespräch sind unter anderem eine Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO) und Zölle auf ausgewählte US-Waren wie Whiskey oder Motorräder.

Unmittelbar vor Merkel hatte auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron versucht, Trump umzustimmen. Allerdings haben Deutschland und Frankreich unterschiedliche Ansätze. So hat Berlin wiederholt eine abgespeckte Version des Freihandelsabkommens TTIP mit den USA ins Spiel gebracht, was in Frankreich aber unter anderem wegen der Furcht vor US-Importen im Agrarbereich auf Skepsis stößt. TTIP wurde zwar lange verhandelt, bisher aber nicht vereinbart.

Die "Welt am Sonntag" berichtete unter Berufung auf Regierungskreise, Deutschland streben eine Art Industriezollabkommen an. Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte zuletzt zu einer Wiederaufnahme der TTIP-Gespräche aufgefordert, die seit mehr als einem Jahr auf Eis liegen.

Gefährlicher Präzedenzfall

Für eine Art "TTIP light" sprachen sich auch deutsche Wirtschaftsverbände aus. Neben dem BDI und dem Außenhandelsverband forderte auch DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier Verhandlungen zwischen der EU und den USA über den Abbau von Handelshemmnissen: "Ein transatlantischer Anlauf für ein umfangreiches Abkommen ist wichtig." Allerdings wäre ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen, wenn man solche Verhandlungen mit Drohkulissen begänne. "Deshalb müssen wir wieder wechselseitiges Vertrauen aufbauen, was durch den Besuch der Bundeskanzlerin initiiert wurde", sagte Treier zu Reuters. "Leider stehen die Zeichen schlecht, dass die EU von ungerechtfertigten US-Strafzöllen ausgenommen wird."

Außenhandelspräsident Holger Bingmann sagte, das Treffen von Merkel mit Trump in Washington sei sicher kein Durchbruch gewesen. "Aber die Tür für eine Lösung im Streit um die US-Strafzölle bleibt einen Spalt weit offen." Merkel habe ein klares Angebot für einen fairen Waren- und Dienstleistungsaustausch formuliert. Es wäre deshalb ein kluger Zug von Trump, die EU vorerst auszunehmen.