Nach dem Veto von US-Präsident Donald Trump gibt der Chipkonzern Broadcom seine Übernahmepläne für den Rivalen Qualcomm auf und bringt sich in der übernahmehungrigen Halbleiterbranche anders in Stellung. Der in Singapur ansässige Hersteller zog am Mittwoch das 117 Milliarden US-Dollar (94,5 Mrd. Euro) schwere Angebot zurück.

Trump hatte den teuersten Zukauf aller Zeiten in der Chipindustrie verboten, weil er die nationale Sicherheit gefährdet sah. Der US-Präsident folgte damit Empfehlungen des Komitees für ausländische Investitionen in den USA (CFIUS), das Übernahmen von US-Firmen durch ausländische Investoren auf mögliche Risiken für die nationale Sicherheit überprüft. Broadcom wies hingegen den Vorwurf, die Übernahme gefährde Sicherheitsinteressen, "entschieden" zurück.

"Auch wenn wir über dieses Ergebnis enttäuscht sind, werden wir uns an die Anordnung halten", teilte Broadcom mit. Der Konzern halte weiter an den Plänen fest, den Unternehmenssitz zurück in die USA zu verlegen, wo die Vorgängerfirmen angesiedelt waren. Experten zufolge kann dies künftige Zukäufe in den Vereinigten Staaten erleichtern.

Fusionsfieber

In der Chipbranche grassiert seit einiger Zeit das Fusionsfieber, weil der Wettkampf um Technologieführerschaft viel Geld verschlingt. Qualcomm ist etwa dabei, den niederländischen Wettbewerber NXP zu schlucken. Broadcom in seiner heutigen Form war selbst aus einer milliardenschweren Übernahme hervorgegangen. Der Konzern ist laut Marktforschungsinstitut Gartner der weltweit sechstgrößte Halbleiterhersteller. Hätte Broadcom Qualcomm übernommen, wäre der neue Chipriese auf Platz 3 vorgerückt, hinter die Weltmarktführer Samsung und Intel. Er hätte eine führende Rolle bei Halbleitern für Smartphones, Autos und Industrieanwendungen eingenommen. Analysten erwarten, dass Broadcom jetzt Geld für kleinere Übernahmen in die Hand nimmt.

Der Konzern hoffe darauf, durch die Verlegung des Firmensitzes von Singapur in die Vereinigten Staaten in Zukunft leichter Unternehmen vor Ort kaufen zu können: Wären nur noch US-Firmen beteiligt, könnte die nationale Sicherheit kein Grund mehr für die Behörden sein, einen Deal zu verhindern. Die Verlegung des Firmensitzes koste Broadcom etwa 500 Millionen Dollar im Jahr, weil die Steuerrate höher ausfalle, sagten mit der Situation vertraute Personen.

US-Präsident Trump war bei seiner Entscheidung gegen den Deal einer Einschätzung des Genehmigungsausschusses CFIUS gefolgt, der für die Überprüfung ausländischer Investitionen zuständig ist. Das Komitee hatte unter anderem Qualcomms führende Rolle bei der Entwicklung der zukunftsweisenden Mobilfunktechnologie 5G hervorgehoben: Erst die Übertragung immenser Datenmengen in Echtzeit macht möglich, dass vernetzte Geräte, Häuser, Fahrzeuge oder Fabriken zuverlässig funktionieren. Insider hatten befürchtet, dass Broadcom nach der Übernahme Teile von Qualcomm an den chinesischen Konkurrenten Huawei weiter verkaufen könnte. Die Volksrepublik will eine eigene Halbleiterindustrie entwickeln und sich von ausländischen Anbietern wie Qualcomm und Intel oder Samsung aus Korea unabhängiger machen.