Europa soll einen weiteren Stahlriesen bekommen. Nach dem monatelangen Streit um die Stahlfusion wächst bei Thyssenkrupp kurz vor Weihnachten die Vorfreude: Vorstandschef Heinrich Hiesinger hat den Stahlkochern des Konzerns für das Gemeinschaftsunternehmen mit Tata Steel eine Reihe von Zugeständnissen gemacht.

Im Schulterschluss mit der mächtigen IG Metall sagte der Manager den Beschäftigten unter anderem für neun Jahre den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen zu. Wer und was aber steckt hinter der gigantischen Fusion? Ein Überblick.

THYSSENKRUPP STEEL EUROPE Der größte deutsche Stahlkonzern beschäftigt rund 27.000 Mitarbeiter. Neben dem Hauptsitz Duisburg gibt es unter anderem Standorte in Bochum, Dortmund, Hohenlimburg, Andernach und Gelsenkirchen. Das Unternehmen produziert im Jahr etwa zwölf Millionen Tonnen Rohstahl. Wichtige Kunden sind die Automobilbranche, der Bausektor, der Maschinenbau, die Verpackungsindustrie und die Energiewirtschaft. Hauptabsatzmärkte sind Deutschland und die europäischen Nachbarstaaten. Gut zwei Drittel seines Stahls setzt das Unternehmen im Umkreis von 500 Kilometern um Duisburg ab. Das Stahlgeschäft ist konjunkturanfällig und schwankt deshalb stark in den Ergebnissen - ein Grund, warum Hiesinger es ausgliedern will. Im gerade abgelaufenen Geschäftsjahr 2016/17 (per Ende September) konnte Thyssenkrupp Steel Europe jedoch den operativen Gewinn um 74 Prozent auf 574 Millionen Euro steigern und schob damit den gesamten Konzern an. Die Sparte profitierte von gestiegenen Werkstoffpreisen.

Thyssen-Boss Heinrich Hiesinger
Thyssen-Boss Heinrich Hiesinger © AP

TATA STEEL EUROPE Tata Steel Europe hat 21.500 Mitarbeiter. Der Konzern betreibt in Wales das größte britische Stahlwerk Port Talbot und ein modernes Werk im niederländischen Ijmuiden. Die Rohstahlkapazität des Unternehmens beträgt 12,5 Millionen Tonnen. Wichtige Kunden sind die Bau-, Automobil- und Verpackungsindustrie sowie die Luftfahrt- und Energiebranche. Hauptabsatzmärkte sind neben Großbritannien und den Niederlanden weitere Märkte in Europa. Das Unternehmen gehört zum indischen Tata-Konzern mit über 100 Unternehmen und mehr als 600.000 Mitarbeitern. Zu dessen Geschäften zählen auch die Automobilproduktion mit der Marke Jaguar, Telekommunikation, Energieerzeugung oder Hotels. Die Gruppe erzielte zuletzt einen Umsatz von rund 100 Milliarden Euro. Im Geschäftsjahr 2016/17 (per Ende März) hatte Tata Steel Europe ein Ergebnis (Ebitda) von umgerechnet 612 Millionen Euro erwirtschaftet. Im gerade abgelaufenen zweiten Geschäftsquartal summierte sich der Gewinn auf umgerechnet 135 Millionen Euro.

ZUKUNFTSMUSIK: THYSSENKRUPP TATA STEEL Im September gaben beide Unternehmen eine Grundsatzvereinbarung über den Zusammenschluss der europäischen Stahlaktivitäten bekannt. Das Joint Venture soll seinen Sitz in der Region Amsterdam haben, die Konzerne sollen zu je 50 Prozent beteiligt sein. Rund 48.000 Mitarbeiter wären an 34 Standorten beschäftigt. Bis zu 4000 Jobs könnten allerdings gestrichen werden. Der Pro-forma-Umsatz beträgt 15 Milliarden Euro. Das Unternehmen käme im Jahr auf eine Flachstahlproduktion von 21 Millionen Tonnen. Die Verträge sollen bis Anfang 2018 unterzeichnet und bis Ende 2018 umgesetzt sein.