Am Dienstag wird eine neue Ära in der Geschichte der dann fusionierten RHI Magnesita eingeläutet – auch ganz symbolisch mit der Glocke an der Londoner Börse.
STEFAN BORGAS: London ist aus der Sicht der Firma ein Nebengeräusch, eine Sache von einigen Fachleuten.

Was ist dann nach dem offiziellen Startschuss das Wichtigste?
Dass wir endlich zu arbeiten anfangen können, nachdem wir den Merger so lange und detailliert vorbereitet haben. Wir sind alle froh und gespannt wie ein Flitzebogen, dass es losgeht.

Womit geht es los?
Wir kümmern uns um unsere Kunden, legen gleich am ersten Tag den ganzen Vertrieb zusammen und schauen, dass jeder Kunde einen klaren Ansprechpartner hat, einen klaren Prozess, dass alle Produkte geliefert werden können. Parallel müssen wir in drei bis vier Wochen alle Finanzprozesse hinkriegen, um einen Jahresabschluss machen zu können, es sind ja nur zwei Monate bis dahin. Der dritte Teil ist die Zusammenführung der IT-Landschaft. Dann wird unser Einkauf große Veränderungen durchmachen, damit wir bei unseren Lieferanten als Einheit auftreten können, um schnell Synergien zu erzielen. Die Neustrukturierung unseres Produktionsnetzwerks wird sich über das gesamte Jahr 2018 hinziehen.

Die Konzernsteuerung passiert in Wien, aber die Holding sitzt in den Niederlanden. Wollen Sie Steuern sparen?
Nein, das hat mit Steuern gar nichts zu tun. Versteuert wird in Österreich. Leider, die Steuern sind so hoch. Ohne die Holding hätten wir technisch nicht in Wien von der Börse gehen können. Wir wollten ursprünglich in England gründen, haben das aber aus Vorsicht wegen des Brexits nicht gemacht.

Sie haben immer gesagt, die österreichischen Standorte profitieren vom Zusammenschluss, konnten aber nie Details nennen. Wie sehen denn jetzt die Pläne für die Steiermark und Kärnten aus?
Die Breitenau-Veitsch wird weltweit einer unserer größten Standorte im Bereich der Steinproduktion – vielleicht sogar der größte. Ob wir die Amerikaner überholen, werden wir sehen, die Chance besteht aber, weil hier alles sehr gut aufgesetzt ist und schon viel investiert wurde. Das geht in eine gute Richtung. In Trieben verstärken wir eine Produktlinie aus Brasilien, die dort weit weniger günstig hergestellt wird als in Österreich. Trieben bekommt viel mehr Menge und wird zum Leader innerhalb des Konzerns. Radenthein verliert zunächst Geschäft, dort müssen wir aus kartellrechtlichen Gründen Bereiche abgeben. Danach soll wieder aufgestockt werden.

In Leoben produzieren Sie zwar nicht, haben aber 160 Mitarbeiter in einem Forschungs- und Entwicklungszentrum.
Um Leoben gab es viele Diskussionen. Aber diese Truppe nimmt ihr Glück selbst in die Hand. Die machen viele gute Vorschläge. Der neue Chef, der von der Magnesita aus Brasilien kommt, ist ziemlich angetan. Wir werden Leoben weiter ausbauen, vor allem Richtung Digitalisierung, da geht es nicht um Riesenbeträge.

In Österreich entstehen Jobs?
In den Produktionsbetrieben werden wir eher Leute einstellen, vor allem, was technische Berufe und technisch-akademisch ausgebildete Leute betrifft. Die sind knapp in Österreich. Wenn wir nicht genug Elektromechaniker, Elektroschlosser und Industriekeramiker finden, müssen wir sie importieren. Wir haben sogar die eine oder andere Produktlinie, wo wir sagen, wir kriegen keine Leute, deshalb müssen wir es woanders machen. Wien bleibt personell gleich groß.

Ist der Schluss, dass es in Brasilien Schließungen und kräftigen Personalabbau gibt, richtig?
Konzernweit werden wir zehn bis 15 Prozent Personal abbauen. Die Magnesita-Zentrale in São Paulo wird geschlossen. Wichtiger wird eine tolle Mine, die soll mehr liefern. In den verschiedenen Fertigungen sind sicher Investitionen in Automatisierungen ein Thema.

Durch die Fusion ist RHI Magnesita größter Spieler am Weltmarkt. Was bringt das finanziell?
Das Synergiepotenzial liegt bei 70 Millionen Euro im Jahr. Im ersten Jahr entstehen Einmalkosten in etwa der gleichen Höhe, ab 2019 wird der Effekt dann schon relativ groß sein. Wir erhöhen unsere Profitabilität bei ungefähr gleich bleibenden Umsätzen, denn unsere Märkte wachsen nicht. Zusammen gehen wir nach vorn, können Energien erzeugen, um Dinge zu tun, für die es vorher nicht genug Zeit und kein Geld gab. Jetzt sind wir sehr internationale und fröhliche Leute.