Die Lage in Katalonien ist vor einer möglichen Unabhängigkeitserklärung durch den Chef der Regionalregierung, Carles Puigdemont, unübersichtlich. Das gilt auch für die wirtschaftliche Entwicklung. Jedenfalls aber warnen die beiden österreichischen Wirtschaftsdelegierten in Spanien derzeit vor Investitionen in der autonomen Region Spaniens.

Das Außenwirtschaftscenter der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) in Madrid erwartet selbst bei einer Unabhängigkeitserklärung keine unmittelbaren Folgen "nach außen". Es gebe keine Veranlassung, die Zusammenarbeit mit Kunden oder Lieferanten in Katalonien abzubrechen. Solange Streiks und Blockaden andauern, werde man "höchstens mit gewissen Lieferverzögerungen rechnen müssen".

"Firmensitze werden verlegt"

Etwas kritischer bewertet Andreas Schmid, Wirtschaftsdelegierter in Kataloniens Hauptstadt Barcelona, die Situation. "Sollte die Regionalregierung von Carles Puigdemont wie angekündigt tatsächlich die Unabhängigkeit Kataloniens erklären, werden viele österreichische Unternehmen ihren Firmensitz in andere Regionen Spaniens verlegen", erwartet er. Bisher gebe es allerdings noch keine Informationen, dass Firmen bestehende Geschäftskontakte aufgekündigt hätten, ergänzt das Außenwirtschaftscenter Madrid.

Von AVL bis Swarovski

Beide Wirtschaftsdelegierte warnen allerdings derzeit vor Investitionen. Hier sollte man die weitere Entwicklung des Konflikts abwarten. Investitionen werden unkalkulierbar, sagt Schmid: "Das ist Gift für Unternehmen und die wirtschaftliche Entwicklung." Vor allem die Tatsache, dass Katalonien, automatisch aus der Europäischen Union ausscheiden würde, mache den Unternehmen Angst.

Dabei ist Katalonien für die Unternehmen ein wichtiger Wirtschaftsstandort. Katalonien ist Spaniens wirtschaftsstärkste Region. Hier im Nordosten des Landes werden knapp 20 Prozent des gesamten spanischen Bruttoinlandproduktes erwirtschaftet. Rund die Hälfte der 200 österreichischen Unternehmen in Spanien ist in Katalonien angesiedelt - von KTM bis hin zum Schmuckhersteller Swarovski.

Fast ein Viertel des gesamten Außenhandels Österreichs mit Spanien läuft über Katalonien. Im vergangenen Jahr kamen österreichische Exporte im Wert von 646 Millionen Euro nach Katalonien. Katalanische Unternehmen exportieren Waren im Wert von 7,18 Millionen Euro nach Österreich, so Andreas Schmid am Freitag.

Doch jetzt leide die Wirtschaft in Katalonien mit der möglichen Unabhängigkeitserklärung unter erheblicher Rechtsunsicherheit. Investitionen werden unkalkulierbar. "Das ist Gift für Unternehmen und die wirtschaftliche Entwicklung", meint der Außenhandelsdelegierte. Vor allem die Tatsache, dass Katalonien, automatisch aus der Europäischen Union ausscheiden würde, macht den Unternehmen Angst.

Auch der österreichische Verbrennungskraftmaschinen-Hersteller AVL aus Graz macht sich Sorgen. "Rund 60 Prozent unserer Geschäfte wickeln wir im europäischen Ausland ab. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, brauchen wir den zollfreien EU-Binnenmarkt", erklärt Alberto Zumeta, Geschäftsführer der spanischen AVL-Filiale.

Lage kontinuierlich zugespitzt

Die Lage in Katalonien hat sich über die letzten Monate kontinuierlich zugespitzt. Katalonien hat gegen den Willen der Zentralregierung in Madrid eine Abstimmung über die Unabhängigkeit abgehalten, die bei niedriger Wahlbeteiligung eine sehr hohe Zustimmung ergab. Puigdemont hat für Dienstag eine Rede vor dem katalanischen Parlament angekündigt. Dort könnte er die Unabhängigkeit proklamieren. Die Wirtschaftsdelegation in Madrid geht davon aus, dass die spanische Zentralregierung diese nicht anerkennen würde und rechnet mit gesetzlichen Schritten, diese zu unterbinden.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Konflikts sind noch nicht abschätzbar, Experten gehen aber von Verlusten für beide Seiten aus. Noch zu Beginn des Jahres hatte sich Michael Spalek, Wirtschaftsdelegierter des Außenwirtschaftscenters der WKO in Madrid, zuversichtlich für das Geschäftsjahr 2017 geäußert. "Bei allen Parametern, von Umsatz über Investitionen bis Auftragslage, erwarten sich die Niederlassungen eine positive Entwicklung", sagte er damals.

Katalonien ist Spaniens wirtschaftsstärkste Region. Dort im Nordosten des Landes werden knapp 20 Prozent des gesamten spanischen Bruttoinlandproduktes erwirtschaftet.