"Das Ergebnis ist mager, es wäre für Umwelt und Konsumenten mehr drinnen gewesen", kommentiert Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ) den Ausgang des deutschen Diesel-Gipfels. Technische Nachrüstungen, die maßgebliche Abgaseinsparungen mit sich bringen würden, fehlten zur Gänze.

"Die Ankündigung, den Stickoxid-Ausstoß durch diese Maßnahme um 25-30 Prozent zu reduzieren, ist wenig ambitioniert", so das Resümee des Ministers. Offen sei nach wie vor was die deutschen Autobauer ergreifen wollen, um den Schaden in anderen Ländern, darunter Österreich, zu beheben. Leichtfried wird daher noch im August eine Einladung an die deutschen Konzerne aussprechen, ihre Lösungsvorschläge für Österreich zu präsentieren.

Noch weiter geht der Grüne Verkehrssprecher Georg Willi mit seiner Kritik: Er fordert einen heimischen Dieselgipfel, der strenger aufgesetzt werden müsse als in Deutschland.

Auch der ÖAMTC meldete sich am Mittwoch zu Wort. Er verlangte Nachrüst-Maßnahmen nach deutschem Vorbild auch für österreichische Diesel-Besitzer, eine Ökoprämie-Neu für den Umstieg auf schadstoffärmere Fahrzeuge und die grüne Welle in Städten. Österreichs Autoimporteure fordern unterdessen von der österreichischen Politik ein Gipfeltreffen nach deutschem Vorbild. Günther Kerle, Sprecher der österreichischen Automobilimporteure, schlägt einerseits Nachrüstungen wie in Deutschland für eine gute Lösung.  "Wir müssen auch den Austausch von Altfahrzeugen gegen emissionsarme Neuwagen forcieren."

Ergebnisse in Deutschland im Überblick

Führende deutsche Vertreter von Politik, Autoindustrie und Gewerkschaften haben am Mittwoch in Berlin darüber beraten, wie Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge wegen ihrer hohen Stickoxid-Werte kurzfristig vermieden werden können. Reuters dokumentiert im Folgenden die zentralen Ergebnisse des Diesel-Gipfels in Berlin.

VERANTWORTUNG

Die Verantwortung, für die Einhaltung der NOx-Grenzwerte von Diesel-Autos zu sorgen, sieht die Politik "zu allererst" bei den Autoherstellern. Bei denen sei nach den unzulässigen Diesel-Abgasmanipulationen und angesichts des Verdachts illegaler Kartellabsprachen eine neue Verantwortungskultur nötig.

GRUNDSÄTZLICHE ZIELSETZUNGEN

Den Unternehmen wird aufgegeben, "ein rasches, umfassendes und belastbar wirksames Sofortprogramm zur Minderung der NOx-Belastungen" durch Dieselfahrzeuge sowie technologische Anstrengungen zur Optimierung der Dieseltechnologie einzuleiten. Es bedürfe zudem "eines starken Beitrages", um betroffene Kommunen zu unterstützen, Fahrverbote zu vermeiden.

UMRÜSTUNG

Die deutschen Autofirmen sagten zu, insgesamt 5,3 Diesel-Fahrzeuge nachzurüsten, wobei aber in dieser Zahl bereits 2,5 Millionen nachgerüsteten Diesel-Pkw von Volkswagen enthalten sind. Es geht um Fahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 5 und Euro 6. Die Kosten tragen die Hersteller, wobei sie allein das nach Angaben des VDA rund 500 Millionen Euro kosten wird. Zudem sichern die deutschen Autobauer zu, dass den Fahrzeughaltern durch die Nachrüstung keine Folgeschäden entstehen und die geltenden Anforderungen an Schadstoff- und C02-Ausstoß eingehalten werden.

UMSTIEGSANREIZE

Die Autobauer haben eigene Anreizprogramme zugesagt, um den Umstieg von älteren Diesel-Autos auf Fahrzeuge mit moderner Abgasreinigung oder Elektro-Autos zu fördern. BMW zum Beispiel zahlt europaweit bis zu 2000 Euro als Anreiz für den Umstieg von einem alten Diesel-Modell des Hersteller auf ein schadstoffärmeres Fahrzeug. Zu den Kosten des Umstiegs machten die Konzerne noch keine Detailangaben.

FONDS NACHHALTIGE MOBILITÄT

Zur Unterstützung der Kommunen bei der Luftreinhaltung soll es einen Fonds "Nachhaltige Mobilität in der Stadt" im Gesamtumfang von 500 Millionen Euro geben. Die Hälfte davon will der Bund beisteuern. Den Rest sollen die deutschen Autokonzerne gemäß ihrem Marktanteil zahlen. Auch ausländische Wettbewerber in Deutschland will die Regierung zur Beteiligung drängen.

AUSLÄNDISCHE HERSTELLER

Die internationalen Konkurrenten der deutschen Autofirmen werden aufgefordert, vergleichbare Maßnahmen zur Abgasminderung zu ergreifen und sich an der Initiative zu beteiligen. Dass sie das bislang nicht tun wollen, nannte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt "völlig unakzeptabel" und kündigte Druck an.

STÄRKERE KONTROLLEN

Der Bund will die Abgas-Kontrollen mit regelmäßigen Stichproben-Prüfungen des KBA bei zugelassenen Fahrzeugen verstärken. Die Wirksamkeit der Nachrüstung soll durch das KBA und andere Genehmigungsbehörden geprüft werden.

BUND WILL SCHADSTOFFMINDERUNG STÄRKER FÖRDERN

Der Bund will darüber hinaus seine "Förderkulissen für emissionsmindernde Maßnahmen im städtischen Verkehr" erweitern und ausbauen. Das gilt etwa für die Anschaffung von Elektrobussen im öffentlichen Nahverkehr und emissionsärmeren Nutzfahrzeugen.

PERSPEKTIVEN

Die technische Nachrüstung von Diesel-Autos wird von der Politik nur als erster wichtiger Schritt zur Senkung des Stickoxid-Ausstoßes eingeordnet. "Weitere Schritte müssen folgen", heißt es. Auf dem Tisch ist dabei auch noch die Forderung weitergehender, teurerer Umrüstungen.