Was ist für Sie die größte Umstellung, seit Sie Chef der RBI sind?
Johann Strobl: Vielleicht schlafe ich etwas zu wenig. Aber jetzt in der Sommerpause gibt es ja weniger Abendtermine.

Der gesellige Teil war vorher nicht in Ihrem Programm.
Strobl: Kaum. Meine Zeit und meine Termine waren immer sehr konkret. Es gibt ein konkretes Thema, wir suchen eine gemeinsame Lösung. Der Unterschied ist jetzt, es gibt viele Menschen und wir reden mehr über Ideen. Das hat eine andere Qualität, weil man diese Ideen, Vorhaben konkretisieren muss.

Sehr konkret müssen Sie sich mit dem nicht zu diesem Zeitpunkt gewünschten Börsengang der Polbank in Warschau beschäftigen. Wie machen Sie aus dieser Situation das Beste?
Strobl: Was wir in der Hand haben, sind im Wesentlichen drei Elemente. Wir müssen die Bank jetzt bestmöglich präsentieren, wie sie künftig sein könnte. Heute ist ihre Ertrags- und Kostenstruktur unvorteilhaft. Deshalb haben wir ein Programm mit drei Sparmaßnahmen und einem Investitionsplan vorgelegt. Davon kann man schon viel vorzeigen. Die Vorbereitung des Börsengangs passiert professionell. Jetzt machen sich potenzielle Investoren ein Bild.

Was können Sie vorzeigen?
Strobl: Die polnischen Kollegen mussten 50 Millionen einsparen. Es ist beeindruckend, wie ihnen das binnen drei Monaten gelungen ist. Sie haben 63 von 299 Filialen geschlossen. Auch sonst werden überall die Kosten reduziert. Gleichzeitig nehmen wir über zwei Jahre 25 Millionen Euro mehr für die Digitalisierung in die Hand, als wir geplant hatten.

Wie reagieren die Investoren?
Strobl: Wir wissen, wer die potenziellen Investoren sind. Wir kennen die Meinung der Analysten.

Wie viel kostet die RBI der zu frühe Börsengang?
Strobl: Wo der Preis liegt, ist noch die Frage. Wir werden bald wissen, wie groß das Interesse ist, zu welchem Preis die Investoren bereit sind zu kaufen. Ist der dann für uns zumutbar oder entsteht ein grundloser Verlust? Wie hoch wäre der allenfalls? Dann kann man darüber reden und zur Behörde gehen. Am liebsten wäre uns, der Börsengang gelingt, dann ist das Thema erledigt.

Also nicht einfach durchziehen.
Strobl: Sicher nicht um jeden Preis.

Könnte es sich einmal als Glückfall für die RBI weisen, dass der Polbank-Verkauf geplatzt ist?
Strobl: Das kann durchaus sein, Polen war immer ein sehr stabiler, großer Markt mit schönem Wachstum ohne Rezession. Aber die Konkurrenz dort ist stark und die sehr hohe Bankenabgabe hat die Branche massiv unter Druck gesetzt. Wir haben jedenfalls jetzt die Basis, um in zwei Jahren sagen zu können, dass wir eine attraktive Bank haben – oder dass es noch einen weiteren Schritt braucht.

Ist das die letzte Sanierung bei ihren Osteuropa-Banken?
Strobl: Alle Banken sind profitabel. Wir haben keinen Sanierungsfall. Auch die Polbank ist keiner. Wenn wir die Vorgabe, dass sich unser eingesetztes Kapital mit elf Prozent Gewinn rentieren soll, auf alle Märkte umlegen, sind manche deutlich drüber, andere müssen nachziehen. Wir haben bei der einen oder anderen Bank über die nächsten Jahre das eine oder andere zu verbessern, aber das steht ohnehin am Plan, weil sich mit der Digitalisierung viele Veränderungen, Chancen ergeben.

Hinkt die RBI ein bisschen hinterher, nachdem die Bank so viele Jahre mit ihrem eigenen Umbau beschäftigt war?
Strobl: Nein, wir sind vorn. Wir haben uns auch die Frage gestellt, wo wir stehen. Wir haben das 2016 umfangreich testen lassen. Herausgekommen ist, wir sind überall unter den ersten fünf, sechs, in einigen Punkten Erster oder Zweiter. Die Tatra-Bank (Slowakei, Anm.) ist top. Wir haben als Gruppe einen Vorsprung. Die, die nicht Erster oder Zweiter sind, fahren zur Tatra-Bank und fragen, wie die das machen. Wir brauchen nichts erfinden.

Sie haben zuletzt viele gute Jahre in Aussicht gestellt.
Strobl: Wir haben in Zentral- und Osteuropa zwei sehr gute Jahre hinter uns mit drei Prozent Wirtschaftswachstum. Heuer liegen die Prognosen sogar darüber, für 2018 wieder bei drei Prozent. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht erkennbar. Das Irritierende ist zuletzt nur von der politischen Seite gekommen. Brexit, Wahlen, Putin, Iran. Wenn etwas eskaliert, kann das einen Dämpfer verursachen, aber im Rahmen der normalen Wellen glaube ich, dass mehrere Jahre wirtschaftlich gut gehen könnten. Wir sehen auch eine verstärkte Kreditnachfrage. Gleichzeitig werden Konsumkredite auch wieder rascher zurückgeführt.

Haben wir die tiefe Krise noch immer in den Köpfen, obwohl sie real nicht mehr existiert?
Strobl: Darf ich umgekehrt fragen, wie Sie das beschreiben würden?

Als Misstrauen. Sie haben das nicht mehr?
Strobl: Das habe ich nie so gehabt, weil ich nie geglaubt habe, dass alles so sicher ist. Alle haben Alan Greenspan geglaubt, dass die US-Notenbank Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit auf den Punkt steuern kann. Ich habe das immer anders gesehen. In Summe hat sich durch die Krise viel verbessert. Die Eigenkapitalquoten der Banken haben sich verdoppelt. Banken können abgewickelt werden. Dass der Steuerzahler noch einmal zahlt, kann ich mir nicht vorstellen.

Wann gibt nach Jahren der Pause wieder eine Dividende?
Strobl: Läuft es so weiter wie jetzt, sollte es für 2017 eine geben, vorbehaltlich der Gremien.

Österreich mit den Landesbanken ist nach der Fusion befriedet?
Strobl: Ich glaube, die Landesbanken machen sehr gute Fortschritte in der Art, wie sie die vertieften Kooperationen angehen wollen. Wir sind sehr im Gleichklang. Als unsere Kernaktionäre liegt ihnen ganz viel an unseren Entwicklungschancen. Ich habe nie eine Unstimmigkeit oder einen Konflikt gespürt.