Roiss erhielt 99,98 Prozent Zustimmung der anwesenden Aktionäre. Im Verbund-Aufsichtsrat wurde Roiss schließlich einstimmig zum neuen Vorsitzenden gewählt. Er freue sich bereits auf seine neue Aufgabe, hatte Roiss davor in einer kurzen Wortmeldung gesagt. Die Motivation für ihn, bei dem Stromkonzern tätig zu sein, sei die sehr starke Basis des Verbund für die neue Energiewelt. Hier wolle er mit ein Fundament aufbauen. "Ich habe immer neidvoll auf den Verbund geblickt, wenn es um die CO2-Freiheit ging", räumte der ehemalige Ölmanager ein. Heute, in einer Zeit nach der Klimakonferenz von Paris, sei die Verantwortung eine sehr konkrete. Roiss soll an der Spitze des Verbund-AR auf Gilbert Frizberg folgen, der 17 Jahre dem Gremium angehörte, davon zehn als Vorsitzender.

Roiss als sein Nachfolger stehe seit Jänner fest, im Gespräch sei er seit Dezember gewesen, so Frizberg zur "Wiener Zeitung" (Mittwoch). Er habe sich aus zwei bis drei Kandidaten herauskristallisiert - auch, weil er das Vertrauen des Mehrheitseigentümers Republik (51 Prozent) genieße. Von Frühjahr 2011 bis Sommer 2015 hatte Roiss (65) den teilstaatlichen Mineralölkonzern OMV geleitet. Eingetreten war er dort 1990, in den Vorstand zog er 1997 ein. Anfang 2002 wurde der Wirtschaftsabsolvent (Unis Wien, Linz, Stanford) Vize-Vorstandschef, neun Jahre später CEO des größten heimischen Industriekonzerns.

"Struktur nicht ganz einfach"

Sein um ein Jahr vorgezogenes Ausscheiden als AR-Vorsitzender begründete Frizberg in der HV mit verschiedenen Vorkommnissen der Vergangenheit. "Dringt man da nicht durch, ist es Zeit Platz zu machen." Ein Beispiel: "Die Struktur der Aktionäre und der Aufsichtsräte ist nicht ganz einfach", auch zwei Mitbewerber des Verbund säßen ja drin. So sei es etwa ein Problem geworden, die Verbund-Satzung weiterentwickeln zu wollen - eine Modernisierung werde hier blockiert.

Auch bei anderen Themen gebe es "zwei Seiten der Medaille", etwa wenn Aktionäre gemeint hätten, die Verbund-Mitarbeiter würden nicht gerade am Hungertuch nagen. Ja, dem könne er schon etwas abgewinnen, meinte Frizberg. Es seien viele Fortschritte erzielt worden, ein Abbau um 850 Leute von 2013 bis 2021 (davon 600 Ende 2017 erreicht) sei "kein Spaß", die Belegschaftsvertretung habe konstruktiv mitgewirkt.

Den Vorwurf, er habe zu viel Druck Richtung Einsparungen gemacht, wollte Frizberg so nicht auf sich sitzen lassen, meinte aber, er fühle sich schon auch den Aktionären verpflichtet. Strukturbrüche werde es beim Verbund auch in der inneren Organisation geben müssen - gemeint ist eine Verkleinerung des Vorstands -, darum werde der Aufsichtsrat in den nächsten Jahren nicht herumkommen, betonte Frizberg.

Interne Dinge nicht an die Öffentlichkeit dringen lassen

Er wünsche sich, dass im Verbund das wieder gelinge, was in den letzten neun Jahren der Fall gewesen sei, nämlich interne Dinge nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen, so Frizberg mit Hinweis auf ganz andere Vorkommnisse bei der ÖIAG. Andererseits wäre es aber "auch ein Wahnsinn, wenn alle einer Meinung wären".

Zu Beginn der Abstimmungen waren 86,86 Prozent des Grundkapitals in der HV anwesend. Zum Dividenden-Vorschlag sagten davon 60,7 Prozent Ja. Die vier Vorstände wurden in Einzelabstimmungen mit jeweils 99,39 Prozent bis 99,47 Prozent Zustimmung entlastet, AR-Vorsitzender Frizberg mit 99,39 Prozent. Die zweite Neuwahl in den Aufsichtsrat - von Wiener-Stadtwerke-Holding-Vorstand Peter Weinelt - erfolgte mit 99,91 Prozent der anwesenden bzw. vertretenen Aktionäre.