Seit gut einem Jahr krempelt der Deutsche Rainer Seele Österreichs Energiereisen OMV heftig um. Sein Hauptaugenmerk: Die - wie er sagt - im internationalen Vergleich hohen Kosten des Konzerns. Sein flotter Spruch dazu lautet: "Es muss Cash in de Tesch", also Geld in die Taschen kommen. Zuletzt schlug die OMV ihre britische Tochter mit ihren Öl- und Gasfeldbeteiligungen los.

Kurz zuvor war bereits die OMV-Tochter Gas Connect Austria zu 49 Prozent an einen neuen Eigentümer gegangen. Und spätestens im nächsten Jahr will man mit der Petrol Ofisi auch das türkische Tankstellengeschäft verkauft haben. Trotz der politisch dramatisch zugespitzten Lage im Land am Bosporus ist Seele optimistisch. "Das Interesse ist sehr groß," sagte der OMV-Chef im Wiener Klub der Wirtschaftpublizisten.

Konzern nun "stabilisiert"

Rund 1,5 Milliarden Euro bringen die Verkäufe der vergangenen Wochen auf die Waage. Seele: "Wir haben erstmals gezeigt, dass wir große Transaktionen in kürzester Zeit durchführen können." In Zusammenwirkung mit dem rigiden Sparkurs habe man 2,7 Milliarden Euro bewegt und den Konzern "stabilisiert". Fast eine Milliarde Euro Wertberichtigungen werden mit dem Verkauf der britischen Aktivitäten notwendig, das ist allerdings nicht "cash"-wirksam. 

Seit der Ölpreis teilweise weit unter die 50-Dollar-Grenze gerutscht ist, steht die OMV massiv unter Druck. Schlechtere Öl- und Gaspreise sowie gesunkene Raffineriemargen machen dem Unternehmen zu schaffen. Um Geld im Unternehmen zu halten, wurden die Investitionen massiv von 2,8 auf zwei Milliarden Euro zurückgefahren, die laufenden Kosten um hundert Millionen Euro und auch die Kosten der Förderung um 240 Millionen Euro gesenkt.

Nach dem Ausstieg ist vor dem Einstieg

Bei den Förderkosten sieht Seele einen Schlüssel, um die OMV rentabler zu machen. Bis spätestens 2018 sollen die Förderkosten je Barrel Öl auf zehn Dollar (9,40 Euro) gedrückt werden. Längerfristig sogar darunter. Zuletzt senkte die OMV die Förderkosten von 16,6 auf 11,7 Dollar. Eine zentrale Rolle spielt dabei wie mehrfach berichtet, Seeles Plan, künftig billig gemeinsam mit der russischen Gazprom in Sibiren Öl und Gas fördern zu können.

Der damit verbundene Anteilstausch lässt indes auf sich warten. Für den Sommer hatte Seele ihn angekündigt. Dazwischen gekommen ist massiver politischer Widerstand von der EU gegen die von Gazprom geplante Pipeline Nordstream II, so dass die OMV und eine Reihe anderer beteiligter Partner im Sommer aus dem Projekt ausgestiegen waren.

Zumindest bei der OMV war das keine endgültige Entscheidung: Dem österreichischen Energiereisen OMV ist die Nordstream II zu wichtig, „um daneben zu sitzen“, so Seele. Für die OMV sei es essenziell, Österreichs großen Gasspeicher Baumgarten über diesen Weg anzubinden. Wie Beteiligung und Finanzierung funktionieren, erklärte der OMV-Chef noch nicht. Das werde er in Kürze bekannt geben. Die Gazprom treibt das Projekt derzeit allein voran. Das sei die Quittung für den politischen Widerstand, meinte Seele sinngemäß.

"Dieses Fass mache ich nicht auf"

Die intensiven Gespräche über Nordstream II sind dem OMV-Boss zufolge nur einer der Gründe, warum der geplante Anteilstausch zwischen OMV und Gazprom, in dessen Zentrum ein OMV-Einstieg in Sibirien steht, noch nicht unter Dach und Dach ist. Auch gegen diesen Deal gibt es politische Bedenken. Seele erklärte die Verzögerungen vor allem mit der deutlich längeren Prüfung der OMV-Anteile an den Öl- und Gasfeldern in Norwegen, die der Gazprom geöffnet werden sollen. Auch hier gibt es seitens der Norweger Skepsis, was Seele so kommentierte: „Wenn die Struktur klar ist, holen wir die Genehmigungen ein.“ Das sei auch genauso in Russland notwendig, weil die Beteiligung ausländischer Unternehmen eigentlich auch nicht vorgesehen sei.

Die OMV setzt große Hoffnungen auf die günstige Förderquelle Sibirien und will mit Gazprom eng „an der gesamten Wertschöpfungskette“ (Seele) zusammenarbeiten. Die Petrol Ofisi werde man Gazprom nicht anbieten. "Dieses Fass mache ich nicht auf," so Seele.

Dass man im Konzern gerade an einer Strategie für 2025 arbeite, riss er lediglich in groben Zügen an. Das Produktspektrum des Raffineriegeschäfts müsse größer werden. Grundsätzlich gehe es darum, den wertvollen Rohstoff immer weniger zu verbrennen, sondern höher zu veredeln. Deshalb erteilte er Spekulationen eine Absage, dass die Beteiligung an der Chemietochter Borealis auch verkauft werden könnte. Seele: "Das wäre das letzte, was ich tun würde."