Deutschlands Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht im transatlantischen Handelsstreit die Bereitschaft der US-Regierung zum Kompromiss. "Ich glaube, dass wir alle gemeinsam daran arbeiten, eine gute Lösung zu finden", sagte Scholz am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) nach einem Besuch im Weißen Haus.

Der Vizekanzler hatte mit US-Vizepräsident Mike Pence sowie mit Larry Kudlow, dem neuen Wirtschaftsberater von Präsident Donald Trump, gesprochen. Dabei waren offenbar die von Trump im März verhängten Strafzölle auf Stahl und Aluminium ein zentrales Thema. Die EU ist von diesen Zöllen zwar vorläufig befreit, doch gilt diese Ausnahmeregelung nur bis zum 1. Mai. Die Europäer wollen dauerhaft von den Zöllen ausgenommen werden.

Scholz sagte beim Verlassen des Weißen Hauses, nach seinem Eindruck habe die US-Regierung verstanden, "dass in Handelsfragen die Europäische Union als Einheit handelt". Dies werde dazu beitragen, "dass wir zu guten Lösungen kommen werden". Später fügte der Finanzminister hinzu, es habe sich in den Handelsgesprächen "sehr bewährt", dass die europäischen Länder gemeinsam agierten und kein Staat "seine eigenen Strategien" verfolge.

Scholz hielt sich gut eine Woche vor einem geplanten Washington-Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der US-Hauptstadt auf. Auch bei den Beratungen der Kanzlerin mit Trump am kommenden Freitag dürften die Handelsstreitigkeiten eines der zentralen Themen sein.

Die Ängste vor einer Zuspitzung der Handelskonflikte überschatten die derzeitigen Frühjahrstagungen von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Washington. IWF-Chefin Christine Lagarde warnte bei den Treffen, an denen auch der österreichische Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) teilnahm, eindringlich vor Auswirkungen auf das derzeit robuste Wachstum der Weltwirtschaft.

Parallel zu den Frühjahrstagungen fand ein Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der G20-Staatengruppe statt, an dem Scholz und der deutsche Bundesbankpräsident Jens Weidmann teilnahmen. Weidmann berichtete, "fast alle" Teilnehmer hätten betont, dass der freie Handel "kein Nullsummenspiel ist, sondern allen teilnehmenden Volkswirtschaften nutzt".

Ziel müsse es sein, die bestehende Handelsordnung auszuweiten und zu verbessern, sagte Weidmann. Statt der Errichtung neuer Barrieren müssten bereits existierende Handelsschranken abgebaut werden: "Protektionismus, von einem Handelskrieg ganz zu schweigen, ist bestimmt keine Lösung", sagte der Bundesbankpräsident.

Die Ängste vor einem Handelskrieg werden vor allem durch die wechselseitigen Drohungen zwischen den USA und China geschürt. Eine Eskalation des Konflikts zwischen den beiden größten Volkswirtschaften würde die gesamte Weltwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen. Washington hatte zu Beginn des Monats Strafzölle auf 1.300 chinesische Produkte mit einem Warenwert von insgesamt rund 50 Milliarden Dollar (40 Milliarden Euro) angekündigt, Peking drohte mit entsprechenden Gegenmaßnahmen.

Allerdings gab es zuletzt auch Signale der Entspannung. So stellte Peking in Aussicht, seine Märkte stärker für ausländische Investoren öffnen zu wollen. Trump hatte entsprechende Ankündigungen des chinesischen Staatschefs Xi Jinping bereits zu Beginn der vergangenen Woche begrüßt und "große Fortschritte" im Handelsstreit mit Peking vorhergesagt.