1. An den Motiven und Zielen des Reisens und Urlaubens wird sich auch in naher Zukunft nichts ändern. Man sucht Erholung, will fremde Kulturen und Umgebungen kennenlernen, ein Paradies auf Zeit finden. Aber das Urlaubsverhalten wird in zwanzig Jahren noch fragmentierter, das Angebot wird noch mehr auf die individuellen Ansprüche des Gasts angepasst sein. Urlaub 4.0 wird wie ein Maßanzug passen.

2. Die Menschen anno 2040 werden noch kürzer, aber noch öfter verreisen, sagt Andreas Reiter, Chef des Wiener Zukunftsbüros ZTB voraus. Für diese Hochfrequenz-Kundschaft braucht es entsprechende Verkehrsmittel wie Highspeed-Züge beziehungsweise rasante Transportsysteme wie die flaschenpostähnlichen sogenannten Hyperloops. Sie werden für extrem schnelle Verbindungen beispielsweise zwischen Abu Dhabi und Dubai oder Los Angeles und San Francisco sorgen. Auch transkontinentale Billigflugverbindungen werden Normalität sein.

100 Jahre Verkehrsb�ro: Von der Sommerfrische zum Weltraumspaziergang
100 Jahre Verkehrsb�ro: Von der Sommerfrische zum Weltraumspaziergang © (c) Verkehrsb�ro Group/APA-Fotoserv

3. Weltraumflüge für abenteuerlustige Privatpersonen werden leistbar(er) werden und für völlig neue Urlaubserlebnisse sorgen. Aber auch die (Meeres-)Tiefe wird erschlossen. U-Boote werden die Kreuzfahrtschiffe der Zukunft sein, man wird sich in Unterwasser-Lodges einbuchen und statt der Berge Korallenriffs und bei Safaris statt Elefanten Haie beobachten.

4. Reiseströme werden sich aber auch an Land verändern. Wegen des Klimawandels kommt es zu Verschiebungen, nördlichere Destinationen werden interessanter. Baden in Südschweden statt Südfrankreich, Radfahren in Norwegen statt Norditalien, Wandern in Island statt in den Alpen – klingt noch exotisch, wird aber normal, glaubt Zukunftsforscher Reiter.

5. Die globale Mittelklasse wird größer. 2033 gehört bereits ein Drittel der Gesellschaft zur urbanen Mittelklasse – vor allem im asiatischen und lateinamerikanischen Raum. Für sie gilt künftig „Europe first“. „Diese Menschen sind hungrig nach Erfahrungen und Prestigeerlebnissen“, sagt Reiter den Alpen neue Gästeschichten voraus: „Die Alpen werden für Chinesen, die gerade das Skifahren entdecken, zu einer Sehnsuchtsdestination.“ In Zeiten von Fakes werden Originale begehrt. Im Gegensatz dazu versucht man in Europa selbst, als Mittel gegen den Klimawandel und für ein Anlocken urbaner Bevölkerung Winterwunderwelten zu schaffen. So sind im Harzgebirge unter anderem zwei Natursprungschanzen geplant, die in den Berg hineingeschnitten und mit einer Seilnetzkonstruktion überdacht werden sollen, dazu eine 720 Meter lange Skiabfahrt mit einem Gefälle von 23 Prozent, welche die längste der Welt in einer Skihalle wäre, eine 750 Meter lange Langlaufloipe, ein Sessellift mit Vierergondel, eine Bob- und Rennschlittenbahn mit zwölf Kurven, eine Transportbahn zu den Schanzen, zwei Hotelbereiche sowie gastronomische Einrichtungen – und das alles unter einem witterungsunabhängigen Dach. Der Baukonzern Porr soll an dem 100-Millionen-Euro-Auftrag interessiert sein.

6. Der Zugang zu Topdestinationen von heute (Barcelona, Dubrovnik, Venedig) wird extrem limitiert werden und nur mit speziellen Tarifen und langer Vorlaufzeit um teures Geld exklusiv zu buchen sein. „Am Markusplatz wird man dann Sundowner um 120.000 Lire – umgerechnet 120 Euro, weil Italien dann aus der EU ausgetreten sein wird“, prognostiziert Reiter – bestellen können.

7. Lost Spaces werden zu den neuen Trenddestinationen. Zum Beispiel der Iran oder Nordkorea, wo es heute erst eine Skipiste (Masik-Ryong) gibt, bald aber ganze Ressorts entstehen werden. Auch Downhill-Biking in Afghanistan, Trekking in Aserbaidschan, der Besuch aufgelassener Bergwerke in Spitzbergen, alter Vulkane, von Überschwemmung bedrohter Gebiete oder eine Expedition zu den Königspinguinen auf Feuerland wird zum Hype: Man möchte die Gebiete noch sehen, bevor es sie nicht mehr gibt.

8. Neue urbane Trendstädte werden auf der Landkarte aufscheinen. Der Zukunftsforscher nennt als Chiffre „die drei T“, mit jeweils ganz eigenen Reizen: Teheran – eine Stadt in einer (anno 2033) ehemaligen Diktatur an der Kreuzung zwischen West und Ost; Tirana – eine pulsierende Stadt im Umbruch; und schließlich Trondheim – als Beispiel für ein In-den-Vordergrund-Drängen der zweit- und drittgrößten Städte eines Landes, weil die Megacitys von heute schon alle abgegrast sind.

9. Luxus anno 2033: Wenn alles automatisiert und avatarisiert ist, wird eine persönliche, individualisierte Dienstleistung zum Luxus. Ein Chauffeur statt einer Taxidrohne für den Transport vom Flughafen, ein persönlicher Empfang statt eines Computer-Checks via Gesichtserkennung im Hotel.

10. Durch den technologischen Fortschritt werden individualisierte Reiseverläufe möglich. Über die via Social Media, Fitnesstracker und Handy aufgezeichneten Daten errechnen Algorithmen ein Persönlichkeitsprofil. Schon der Sitznachbar im Flugzeug wird auf die persönlichen Vorlieben abgestimmt (ein Sportler wird neben einen Sportler gesetzt, ein Klassikliebhaber neben einen Mozartfan). Im Hotelzimmer werden ebenfalls auf die Hobbys abgestimmte Mode- und Sportartikel deponiert und liegen zur freien Verwendung auf. Die smarte Sportkleidung kontrolliert Körperfunktionen während des Urlaubs und errechnet den Erholungswert der gebuchten Freizeit. Es gibt Vitamin-Duschen und auf die biometrischen Daten des Gasts abgestimmte Kissen, die einen in den Schlaf massieren. Auch die Beleuchtung und Temperatur des Zimmers passen sich dem Gemütszustand und Entspannungsbedarf des Gasts an.

11. Die Reisebüros der Zukunft werden Erlebnislandschaften mit Kinos, Abenteuerzonen, Restaurants und Kinderspielplätzen. Zimmer, Hotelanlagen und Städte können via VR-Brillen vorab besichtigt werden, lokale Reiseführer werden als Hologramme beratend in Verkaufsgespräche zugeschaltet. Über die im Vorfeld gescannten persönlichen Gesundheitsdaten (Herzfrequenz etc.), die Wearables, Fitnessuhren und Social-Media-Plattformen liefern, wird ein auf die Vorlieben und den Erholungsbedarf des Kunden abgestimmtes Buchungsangebot herausgefiltert.

12. Auch bei der Auswahl der Aktivitäten vor Ort können je nach Buchungsvarianten persönliche oder virtuelle Angebote gewählt werden. „Das Spektrum zwischen analog und digital wird sich künftig durch den gesamten Urlaubsverlauf ziehen“, zeichnet Zukunftsforscher Andreas Reiter ein interaktives Bild der Ferien im Jahr 2040, in dem die persönliche Komponente trotz Technologie immer wichtiger wird.