Vielleicht sollte man auf den viel bekannteren „Schutzengel“ zurückgreifen, um den Begriff des „Business Angel“ zu verstehen. Grundsätzlich verspricht nämlich auch der Business Angel Schutz. Er ist gewissermaßen ein unternehmerischer Schutzwall für Jungunternehmer, denen es oft an Kapital oder Management-Erfahrung mangelt.

In Österreich wächst die Zahl solcher Risikokapitalgeber, die sich Anteile an Start-ups holen und dafür Beratungsleistung und ein breites Netzwerk mitbringen. Auch in der Steiermark tut sich einiges.

Maximilian Seidel ist einer dieser modernen Engel. In der Nähe des Grazer Schillerplatzes empfängt er in einem Zimmer mit riesigem Glastisch und auffälligem Wandschmuck. Das Unternehmer-Gen sei in der Familie fest verankert, „es wurde mir vorgelebt, Geschicke selbst zu lenken“, erzählt Seidel.

Diese Erzählung soll mit dem Verkauf des Lebringer Unternehmens Pieps beginnen, dessen Eigentümer Seidel war. 2012 holt sich der US-Konzern Black Diamond den globalen Technologieführer bei Lawinenverschütteten-Suchgeräten unter das eigene Dach. Der damals kolportierte Verkaufspreis: 12,4 Millionen Euro. Gleichzeitig markiert dies den Startschuss für Seidels Unterstützung von Start-ups.

"Beteiligungen zwischen 25 und 35 Prozent"

Noch mehr Kapital kam in die Situlus Holding des Investors, als Anfang 2016 das Familienunternehmen Seidel Electronics an die thailändische SVI verkauft wurde. Schon heute liest sich das Start-up-Portfolio Seidels ansehnlich. Neben sanSirro, einem Unternehmen, das sich auf vernetzte Kleidung spezialisiert hat, oder der rasant wachsenden Softwareschmiede T-Matix Solutions findet sich dort auch die auf Funktechnologie spezialisierte Endiio.

„Wir streben Beteiligungen zwischen 25 und 35 Prozent an und wollen nur in Produkte investieren, die wir auch wirklich verstehen“, erzählt Seidel. Die Prämisse des 39-Jährigen: „Können die Gründer ihre Idee mir verkaufen, können sie das auch am Markt tun.“ Das Aufspüren von Stärken wie Umsetzungskraft, Teamfähigkeit und auch ein Gefühl für Sympathie treiben Seidel bei der Suche nach Gründerpersönlichkeiten.
Wenig geschickt sei es, als knallharter Finanzinvestor aufzutreten.

„Die Gründer sollen die Mehrheit am Unternehmen behalten.“ Die Investmentsummen bewegen sich bei Situlus zwischen 300.000 und zwei Millionen Euro, das Portfolio soll auf zehn bis zwölf Start-ups anwachsen. „Würden es noch mehr sein, hätte ich selbst zu wenig Zeit, mich auch wirklich um sie zu kümmern.“

Kaum eine Finanzierungsrunde ohne eQventure

Eine ähnliche Geschichte wie Maximilian Seidel hat auch Herbert Gartner zu erzählen. 2003 ist er im Gründerteam des Halbleiterunternehmens SensorDynamics, acht Jahre später wird verkauft. Maxim Integrated schlägt zu und bezahlt dafür 164 Millionen US-Dollar.

Heute steht Gartner an der Spitze der Beteiligungsgesellschaft eQventure. Kaum eine große Finanzierungsrunde eines steirischen Start-ups kam in den letzten Jahren ohne Gartner & Co. aus. Der Mikrolautsprecher-Spezialist USound, an dem eQventure rund 61 Prozent hält, lukrierte für den Markteintritt gar zwölf Millionen Euro. Weitere Hoffnungsträger im Portfolio Gartners: appers, meo, NextSense, nxtControl, Stirtec oder VisoCon.

USound-Gründertrio: im Portfolio von eQventure
USound-Gründertrio: im Portfolio von eQventure © USound

„Es ist ein riskantes Geschäft. Man benötigt viel Erfahrung und sorgfältige Auswahl, um erfolgreich zu sein“, erzählt Gartner im Gespräch. Dies gilt umso mehr, als eQventure sich auf „Deep Tech“, also schwere Technologie rund um Halbleiter, Sensoren, Robotik und künstliche Intelligenz, spezialisiert hat. Welche Gründer Gartner reizen? „Wir investieren in Teams, am besten in jene mit Industrieerfahrung.“ Zudem gehe es um skalierbare Produktgeschäfte und Wachstumsmärkte.