Im aktuellen Infrastrukturreport wird die Standortqualität Österreichs von Managern mit bestenfalls „mittelmäßig“ beurteilt. Nur zwei Prozent der Befragten bezeichnen die diesbezüglich gesetzten Maßnahmen der Politik als „voll und ganz ausreichend“. Klingt ernüchternd.
Jörg Leichtfried: Die Kritik nehme ich ernst. Ich möchte mit Fakten kontern: Wir investieren in den kommenden Jahren über 25 Milliarden Euro in sichere Straßen, zuverlässige Schiene und schnelles Internet. Im aktuellen Bericht des Weltwirtschaftsforums liegen wir etwa bei der Straßeninfrastruktur auf Platz drei in Europa. Und auch im Logistik-Performance-Index der Weltbank haben wir uns von Rang 22 auf den siebenten Platz vorgearbeitet. In Österreich haben wir Infrastruktur auf Weltklasseniveau. Das verdient – aus meiner Sicht – mehr Beachtung.

Seit Anfang März gibt es Förderungen beim Kauf von Elektrofahrzeugen. Das Münchener Institut für Wirtschaftsforschung prognostiziert durch derartige Aktionen aber nur ein kurzes Strohfeuer. Gefordert wird stattdessen mehr Geld für die Forschung und Entwicklung.
Leichtfried: Wir gehen beide Wege. Einerseits investieren wir rund 20 Millionen Euro jährlich in Forschung und Entwicklung von E-Mobilität. Andererseits setzen wir Anreize, um mehr E-Autos auf die Straße zu bringen. Wir fördern den Kauf von E-Pkw, wir investieren in Ladestationen und mit der grünen Nummerntafel ermöglichen wir zusätzliche Privilegien, etwa gebührenfreies Parken.

Auch in der Logistikbranche wächst die Bedeutung der Elektromobilität. Ist Österreich ausreichend vorbereitet?
Leichtfried: Bei E-Autos erleben wir zurzeit einen Popcorn-Effekt. Und wir merken, dass sich auch die Transportunternehmen immer mehr mit dem Thema beschäftigen. Wir investieren hier vor allem in die Forschung, etwa in die Entwicklung von leistungsstarken Batterien, die es für Lkw braucht. In Österreich wird MAN E-Lkw in Serie herstellen. Noch dieses Jahr laufen die ersten Prototypen vom Band.

Nur weil viele Verkehrsteilnehmer in Zukunft vielleicht elektrisch betrieben fahren, löst das aber noch keine infrastrukturellen Mängel, zum Beispiel desolate Straßen. Gerade auch in der Logistik gilt die „letzte Meile“ als schwierigste. Wie kann man eine „Verelendung“ des ländlichen Raums verhindern?
Leichtfried: Allein dieses Jahr investieren wir über eine Milliarde Euro in unser Straßennetz. Unsere Autobahnen und Schnellstraßen gehören zu den besten und sichersten in ganz Europa. Fakt ist aber, dass viele Landesstraßen dringend saniert werden müssen. Fakt ist auch, dass es den Ländern dafür an Geld fehlt.

Durch großzügig ausgebaute Schieneninfrastrukturprojekte wie Semmering- und Koralmtunnel zittern regionale Knotenpunkte wie Leoben, künftig umfahren zu werden und an wirtschaftlicher Schlagkraft zu verlieren. Sind das berechtigte Sorgen?
Leichtfried: Unser Ziel ist, so viele Lkw wie möglich auf die Schiene zu bringen. Der Ausbau der großen Achsen ist dafür wesentlich, damit Betriebe ihre Waren schneller von der Fabrik zum Kunden liefern können. Für die Pyhrn-Schober-Achse nehmen wir in den kommenden Jahren rund 100 Millionen Euro in die Hand.

Drohnen gelten als alternative Zustelltechnologie für schwer zugängliche Regionen und in Städten. Befürworter befürchten eine Überreglementierung.
Leichtfried: In Österreich sind letztes Jahr rund 183 Millionen Pakete transportiert worden. So schnell wie sich die Technik weiterentwickelt, kann es gut sein, dass viele davon künftig nicht mehr mit Botendienst auf der Straße, sondern mit Drohnen zugestellt werden. Natürlich brauchen wir dann klare Spielregeln, allein um Zusammenstöße in der Luft zu vermeiden. Für einen Lkw gibt es auch Gesetze. Klaus Höfler