Ein Sittenbild der Hypo wird gleich am ersten Prozesstag am Dienstag durch ein Geständnis von Investmentbanker Heinrich Pecina entlarvt. Als Hypo-Zahlungen für eine von ihm erstellte Fairness Opinion zum Anteile-Verkauf an die BayernLB nicht einlangten, kam es zum Gespräch zwischen Pecina, Wolfgang Kulterer und Josef Kircher. Da soll Kircher gesagt haben: „Schreib drei Scheinrechnungen, wenn du Geld willst.“ So erklärte es Pecinas Anwalt Harald Schuster dem Gericht. Und weiter: „Mein Mandant hat sich ärgerlicherweise entschlossen, bei der Malversation mitzumachen.“
Es ist der Paukenschlag an einem Hypo-Großkampftag am Landesgericht Klagenfurt. Mit Wolfgang Kulterer und Tilo Berlin nehmen gleich fünf weitere Angeklagte im Schwurgerichtssaal auf der Anklagebank Platz. Zwei Stockwerke tiefer wird gegen Günther Striedinger, Vladimir Zagorec und zwei weitere Angeklagte in Liechtenstein-Causen verhandelt. Mittwoch ist Ex-Hypo-Anwalt Alexander Klaus wegen Hypo-Vorzugsaktien für Flick an der Reihe. Nächste Woche startet ein neuer Prozess um millionenschwere Kredite für den kroatischen Getränkeabfüller Amfora Maris. Auf Berlin wartet dann noch mit ungewissem Termin die Prozess-Neuauflage zum Vorzugsaktien-Urteil, das vom Höchstgericht teilweise bestätigt wurde und ein neues Strafmaß braucht.

„Steuerneutralisierung“

Am Dienstag beginnt der Prozess damit, dass Berlin sein Vermögen nicht darlegen kann oder möchte, wofür ihm Richterin Sabine Roßmann 14 Tage Frist einräumt, sonst würde ein Sachverständiger schätzen. Kulterers Anwalt Josef Weixelbaum lehnt die Richterin ab, was zurückgewiesen wird, und fordert Aufschiebung auf nächstes Jahr, weil sich der aus der Justizanstalt Hirtenberg angereiste Mandant „wegen vier laufender Hypo-Verfahren nicht auf den riesigen Akt hatte vorbereiten können“. Vergebens.

Mit eisernen Mienen sitzen Berlin und Kulterer Seite an Seite, als Staatsanwalt Norbert Ladinig ein Sittenbild der Hypo Alpe Adria ausbreitet, in der den Ermittlern „ein Konvolut an Scheinrechnungen und Scheinverträgen“ begegnet sei. Oft hätten Einvernommene dies mit „Steuerneutralisierung“ begründet. In diesem Fall aber geht es um Scheinrechnungen in einem traurig berühmten Hypo-Coup.

Kircher: "Ich war nicht dabei"

Kircher widersprach Pecina, der erklärte hatte, Kircher habe für die Abrechnung von offenen Forderungen drei Scheinrechnungen verlangt. "Ich war bei dem Gespräch nicht dabei", sagte Kircher.

Pecina hatte in seinem Geständnis mehrfach erklärt, Kircher habe ihn am 21. Dezember 2007 in einem Gespräch in Wien, bei dem auch der ebenfalls angeklagte Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer dabei gewesen sei, vor die Alternative gestellt zu klagen oder drei Scheinrechnungen zu stellen. Pecinas VCP hatte offene Forderungen für die Erstellung einer Fairness-Opinion im Zuge des Verkaufs der Hypo-Anteile an die BayernLB.

"An diesem Tag hatte ich Termine in Klagenfurt", sagte Kircher und legte der Vorsitzenden des Schöffensenats, Richterin Sabine Roßmann, ein Kalenderblatt dieses Tages vor. Er sei erst am 9. Jänner 2008 bei Pecina in Wien gewesen. Kircher sagte, das Gespräch habe zwischen Pecina, Kulterer und dem vierten Angeklagten, Ex-Hypo-Chef Tilo Berlin, stattgefunden.

Der Bayern-Deal

Es war jener Verkauf von Hypo-Anteilen an die BayernLB, der Tilo Berlin und seine prominenten Investoren binnen kurzer Zeit elegant bereicherte und mit dem Jörg Haider die Welt glauben machte, Kärnten wäre nun „reich“. Nur blieben bei dem Verkauf jene rund 20 Milliarden Euro Haftungen am Land Kärnten und an der Landesholding kleben, für die Österreichs Steuerzahler und Kärntens Bevölkerung jetzt und auf Dauer bitter büßen.
Eben Land und Landesholding mussten umspielt werden, damit der Deal unter der von den Bayern verlangten Geheimhaltung abgewickelt werden konnte. „Man wollte den Holding-Aufsichtsrat vor vollendete Tatsachen stellen, weil dort wäre der Verkauf an die Bayern nie durchgegangen“, so Staatsanwalt Ladinig. Es hätte massiven Widerstand der SPÖ-Aufsichtsräte Gaby Schaunig und Ferdinand Lacina gegeben, führt er aus.

Fairness Opinion

Damit der Deal anerkannt wird, hätte man eine öffentliche Ausschreibung gebraucht – das wäre nur über die Landesholding gegangen. So griff man zur zweiten Möglichkeit: einer Fairness Opinion – dem Gutachten eines Finanzinstitutes. Hier kam Investmentbanker Heinrich Pecina mit seiner Vienna Capital Partners VCP ins Spiel, der lange zu Kontakt mit Kulterer gestanden hatte.
Zwei Wertgutachten von KPMG und Deloitte um 90.000 bzw. 300.000 Euro waren schon älter als sechs Monate. So holte man an der Landesholding vorbei eines von Pecina ein. Als dieser nach dem Closing 3,8 Millionen Euro plus Mehrwertsteuer forderte, wehrte sich Tilo Berlin. Schließlich kam es mit Kulterer und Kircher zu jenen Gesprächen, zu denen eingangs Pecina das Geständnis ablegte.