Sonntag, 13.00: Kanzler Werner Faymann, Finanzminister Josef Pröll, Nationalbankchef Ewald Nowotny und Staatssekretär Andreas Schieder entwerfen im Kanzleramt einen Schlachtplan für die Nacht der langen Messer. Mehrere Szenarien werden durchgespielt, auch der Super-Gau: der Kollaps der Hypo. Mit unabsehbare Folgen für Kärnten: Alle Konten wären eingefroren worden, Zehntausende Kärntner würden ohne Geld für die Weihnachtseinkäufe dastehen. "Dann wäre in Kärnten wirklich die Sonne vom Himmel gefallen", so einer der Verhandler spöttisch.

14 Uhr: Die Verhandler trudeln im Finanzministerium ein, darunter Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon, Kärntens Landeshauptmann Gerald Dörfler, Grawe-Chef Othmar Ederer. Die Ausgangslage für die Regierung ist schlecht, die Bayern sitzen am längeren Ast: Sie wollen mit der maroden Bank, die mehr Leichen im Keller hat als jedes Bestattungsinstitut, nichts mehr zu tun haben. München hat bereits 3,7 Milliarden in den Sand gesetzt.

14 Uhr 30: Startschuss zu den Verhandlungen in eiskalter Athmosphäre: Pröll und Schieder führen diese in loser Regie, Gespräche im großen Rahmen wechseln sich mit kleinen Vier- und Sechsaugengesprächen ab. Schieder schießt sich auf die Kärntner ein und verlässt mehrmals empört den Verhandlungstisch. "Das ist jetzt die Retourkutsche für die Häme, mit der das BZÖ die SPÖ wegen der Bawag überschüttet hat", so ein Insider.

16.00 Uhr: Die Lage entspannt sich wieder, Kaffee und Würstel werden serviert. Dörfler sorgt für ungläubiges Staunen: Er drückt einem verdutzen Amtsdiener 50 Euro mit der Bemerkung in die Hand: "Weil ihr so tapfer hier ausharrt!" Ein deutscher Verhandler: "Hat der noch alle Tassen im Schrank?" Zwischen den Bayern und den Kärntner herrscht Eiszeit: Man schiebt sich die Schuld für die Hypo-Misere gegenseitig in die Schuhe.

18.30 Uhr: Pröll bestellt die Chefs von Raiffeisen, Erste Bank und Bank Austria ins Ministerium. Wie bei der Bawag sollen auch jetzt die Großbanken einsteigen. Alle spielen mit: Ein Kollaps der Hypo wäre eine Katastrophe für Österreichs Bankenlandschaft.

22.45 Uhr: Ingrid Thurnher verkündet in der ORF-Sendung "Im Zentrum", dass eine Einigung in Sichtweite ist. Tatsächlich geht es dann erst so richtig los.

23.30 Uhr: Der Chef der EU-Zentralbank Jean-Claude Trichet schaltet sich per Konferenzschaltung ein und schlägt Alarm: Geht die Hypo pleite, droht ein europaweiter Flächenbrand. Bisher musste noch keine Systembank die Segel streichen. Trichtet be

müht sogar den Vergleich zu Lehmann Brothers. Um die Bayern zur Räson zu bringen, kontaktiert Trichet auch Kanzlerin Merkel.

0.30 Uhr: Es steht Spitz auf Knopf. Nur sehr zögerlich sind die drei Eigentümer bereit, Geld für die Rettung der Hypo flüssig machen. "Die Bayern sind extrem hart, die Kärntner haben noch registrieren, wie laut die Totenglocke läutet", so ein Verhandler.

2.00 Uhr: Die Eckpunkte des Deals zeichnen sich ab: Der Staat übernimmt 100 Prozent statt der geplanten 51. Offen bleibt, was Kärnten einbringt. Von der Auflösung des Zukunftsfonds, der Übernahme des Schlosshotels Velden bis zum Verkauf der Kelag-Anteile ist die Rede.

6.10 Uhr: Ein Staatskommissär, der am Vortag aus Wien angeflogen kam, macht sich in Klagenfurt auf dem Weg in die Hypo-Zentrale, um für den Fall des Falles dort das Szepter zu übernehmen.

6.25 Uhr: Fahrenschon lenkt ein mit den Worten: "Tutti completti." Bayern zahlt 830 Millionen.

6.50 Uhr: Pröll setzt Dörfler das Messer an, der eine 200-Millionen-Euro-Zusage wieder zurücknimmt. "Ich gehe vor die Presse und verkünde, dass du alles platzen lässt." Dörfler gibt klein bei.

7. 30 Uhr: Der Kommissär, der bereits in der Hypo-Zentrale befindet, erhält den Anruf: "Alles retour, geh ins Kaffeehaus!"

7.37 Uhr: Sonnenaufgang bei bewölktem Himmel in Klagenfurt.