Mitten in der Affäre um einen möglichen Datenmissbrauch für den US-Wahlkampf hat der Internetriese Facebook seinen Sicherheitschef auf einen anderen Posten versetzt. Alex Stamos habe sich seit längerem dafür eingesetzt, transparenter mit den Vorwürfen umzugehen, dass Russland Facebook zur Stimmungsmache im US-Wahlkampf benutzt habe, berichtete die "New York Times".

Andere Verantwortliche bei Facebook wie Geschäftsführerin Sharyl Sandberg seien dagegen gewesen. Stamos werde Facebook verlassen, schrieb die Zeitung - der Sicherheitschef dementierte dies am Montag jedoch: "Allen Gerüchten zum Trotz, bin ich immer noch voll engagiert bei meiner Arbeit für Facebook", schrieb Stamos auf Twitter. Seine "Rolle" habe sich allerdings geändert: Er verbringe mehr Zeit damit, künftige Sicherheitsrisiken zu prüfen.

Millionen Daten weitergegeben

Facebook steht seit dem Wochenende in den USA und im Ausland unter Beschuss: Die vom Wahlkampfteam des heutigen US-Präsidenten Donald Trump beauftragte britische Firma Cambridge Analytica soll Medienberichten zufolge im Jahr 2016 die Profil-Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern ohne deren Einverständnis gesammelt haben. Ziel sei es gewesen, eine Software für die Kampagne Trumps zu programmieren, um Wählerentscheidungen vorauszusagen und zu beeinflussen.

Cambridge Analytica weist die Vorwürfe zurück. Die EU-Kommission verlangt von Facebook eine Klarstellung; auch ein Ausschuss des britischen Parlaments fordert Aufklärung. Facebook kündigte an, es habe Spezialisten damit beauftragt zu untersuchen, ob Daten unrechtmäßig genutzt wurden; gegebenenfalls sollten diese dann vernichtet werden.

Prahlerei mit Erpressung

Der britische Sender Channel 4 strahlte am Montag einen Bericht aus, in dem sich Manager von Cambridge Analytica damit brüsteten, sie könnten Politiker mit Bestechungsangeboten oder ukrainischen Prostituierten in kompromittierende Situationen bringen und dies dann online verbreiten. Sie seien schon für mehr als 200 Wahlkämpfe in der ganzen Welt angeheuert worden, etwa in Argentinien, Tschechien, Indien, Kenia oder Nigeria. Ein Undercover-Reporter traf sich demnach mit Cambridge-Analytica-Chef Alexander Nix und anderen Top-Managern mehrmals in Londoner Hotels von November 2017 bis Jänner 2018 und filmte mit versteckter Kamera mit.

Das Unternehmen wies diesen Bericht als falsch zurück. Man führe routinemäßig Unterhaltungen mit potenziellen Kunden, um bei ihnen mögliche unethische oder illegale Absichten aufzudecken, erklärte Cambridge Analytica.

Das Online-Netzwerk selbst geriet nach den Enthüllungen auch in schweres Fahrwasser. Die Aktie fiel am Montag um rund sieben Prozent - und das ließ den Börsenwert von Facebook um über 35 Milliarden Dollar schrumpfen. Immer lauter wird gefragt, warum sich bisher Gründer und Chef Mark Zuckerberg nicht zu der Situation geäußert hat

Ermittlungen gegen Facebook

Die britische Datenschutzbehörde (ICO) gab am Dienstag bekannt, gegen den US-Konzern zu ermitteln. Es gehe unter anderem darum, ob Facebook nach dem Verlust der Daten entschlossen gehandelt und rechtzeitig informiert hat, sagte ICO-Chefin Elizabeth Denham dem BBC Radio.

Zugleich ersuche man um einen Durchsuchungsbefehl gegen die britische Datenanalysefirma Cambridge Analytica, die sich mutmaßlich ohne Erlaubnis Zugriff zu den Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern verschafft hat.

Europäische wie auch US-amerikanische Abgeordnete verlangten von der Beratungsfirma eine umgehende Erklärung. In den USA forderte unter anderem Senator John Kennedy Facebook-Chef Mark Zuckerberg auf, dem Kongress zu den Aktivitäten seines Konzerns Frage und Antwort zu stehen. Das weltgrößte Internetnetzwerk gab bekannt, Prüfer der Firma Stroz Friedberg engagiert zu haben. Diese sollen untersuchen, ob Cambridge Analytica weiterhin im Besitz der Daten ist. Am Montag seien sie in deren Londoner Büro gewesen.