Neben den angekündigten VKI-Musterklagen gibt es im VW-Dieselskandal nun eine weitere, allerdings kommerzielle, Sammelaktion für betroffene österreichische VW-Kunden. Die private Plattform Cobin Claims sammelt Forderungsabtretungen, um Volkswagen auf Schadenersatz klagen zu können. Das Erfolgshonorar beträgt 35 Prozent, außerdem müssen im Erfolgsfall die Prozesskosten anteilig bezahlt werden.

"Es gibt in Österreich und weiten Teilen Europas kein gesetzliches Sammelklage-System. Wir sind daher vor der Entscheidung gestanden, entweder für die 400.000 betroffenen Kfz-Halter in Österreich gar nichts zu tun oder unter Einbindung kommerzieller Prozessfinanzierer mit juristischem und betriebswirtschaftlichem Know-how etwas Vernünftiges auf die Beine zu stellen", erklärten die Cobin-Claims-Verantwortlichen Oliver Jaindl und Manfred Biegler am Montag in einer Aussendung.

AK und VKI ziehen vor Gericht

Erst im Februar hatten die Arbeiterkammer (AK) und das Verbraucherschutzministerium den Verein für Konsumenteninformation (VKI) beauftragt, gegen den deutschen Autokonzern vor Gericht zu ziehen. Der VKI bereitet derzeit ebenfalls Musterklagen vor und organisiert für 90 Euro den Privatbeteiligtenanschluss im Strafverfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), mit dem sich Kunden vor der Verjährung im September 2018 schützen können. Der VKI will in nächster Zeit bekanntgeben, wie die Ansprüche gebündelt eingefordert werden sollen.

Der Verein Cobin Claims hat unterdessen die Tochtergesellschaft COBIN Litigation A GmbH gegründet, die Webseite dieselklage.at eingerichtet und erste Musterklagen in Wien eingebracht. Der Anbieter wirbt damit, die Teilnahme sei gratis, allerdings werden im Erfolgsfall 35 Prozent des zugesprochenen Schadenersatzes einbehalten. Das ist eine bei Prozessfinanzierern übliche Erfolgsquote. Der vom Schaden Betroffene hat dafür kein Prozesskostenrisiko. Allerdings hängt die Höhe der Kompensationsleistung auch von der Verfahrensdauer und den anfallenden Kosten ab.

Ein Rechenbeispiel

Auf der Webseite hat Cobin Claims folgendes Rechenbeispiel angeführt: "Hat Ihr Fahrzeug z.B. EUR 37.000,00 gekostet und werden EUR 5.500,00 OHNE Kostenersatz erreicht, so müssen zunächst anteilige Kosten in Abzug gebracht werden z. B.: EUR 450,00. Sie erhalten demnach EUR 5.500,00 abzüglich EUR 450,00 abzüglich Erfolgsbeteiligung (hier EUR 1.925,00) = EUR 3.125,00."

Cobin Claims sichert seine Musterklagen durch den britischen Prozessfinanzierer Calunius ab und strebt ein rasches Ergebnis an. "Je früher ein Verfahren (mit Urteil oder Vergleich) endet, desto besser", heißt es in der Aussendung. Die ersten eingeklagten Ansprüche stammen von fünf betroffenen VW-Kunden, die die manipulierten Fahrzeuge privat oder als Unternehmer erwarben. Drei Anwaltskanzleien sind aufseiten von Cobin Claims involviert. Es geht um Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA189 der Volkswagen-Marken VW, Skoda, Seat und Audi. Die Verjährung wird bei Cobin Claims ebenfalls über Privatbeteiligtenanschlüsse unterbrochen.

Keine Sammelklage, daher ein Hilfskonstrukt

In Österreich gibt es keine Sammelklagen. Konsumentenschützer wie die AK oder der Verein für Konsumenteninformation fordern zwar seit Jahren, die Möglichkeit einer Gruppenklage einzuführen, von der Wirtschaft gibt es allerdings Widerstand. Verbraucherschützer und Prozessfinanzierer müssen sich daher eines Hilfskonstrukts bedienen: Sie lassen sich die Ansprüche der mutmaßlich Geschädigten abtreten und treten vor Gericht selbst als Kläger auf. Die betroffenen Konsumenten sind dann nur mehr Zeugen. Die Sammelaktionen von VKI und Cobin Claims stehen gewissermaßen in Konkurrenz zueinander, eine Beteiligung an beiden Aktionen ist nicht möglich, da man seine Forderung nur einmal abtreten kann.