In der Kelag-Zentrale am Arnulfplatz in Klagenfurt gibt man sich gefasst, "weil sich für uns nichts ändert", so die  Sprachregelung. Doch auf Eigentümerseite löst ein Stromschlag der deutschen Energieriesen RWE und E.ON zur Aufteilung der Märkte Hochspannung aus. Die deutsche innogy AG, mit durchgerechnet rund 38 Prozent Anteilen größte Eigentümerin der Kelag, wird zerschlagen. Dabei sollen ihre Anteile an der Kelag, die auch 35 Prozent an den Stadtwerken Kapfenberg hält, wieder direkt an den Energiekonzern RWE gehen.

Schaunig: "Vertraglich abgesichert"

Beim Land Kärnten äußert sich Finanzreferentin Gaby Schaunig (SPÖ) als Eigentümervertreterin gelassen: "Die Position des Landes Kärnten ist vertraglich langfristig abgesichert, die Zusammenarbeit mit der RWE war in der Vergangenheit überaus positiv."

"Strategische Ausrichtung gestärkt"

Weil das Geschäft für Stromerzeugung und erneuerbare Energie in der RWE gebündelt sein soll, sieht Kelag-Aufsichtsratschef Gilbert Isep die geplante Änderung positiv: "Damit wird die strategische Ausrichtung der Kelag bei erneuerbarer Energie gestärkt." Auch Isep weist auf den Kooperationsvertrag mit den Deutschen bis 2025. Mit dem Deal wäre die Kelag wieder direkt bei RWE und ihrem Vorstandsvorsitzenden Rolf Martin Schmitz. Er ist neben Isep stellvertretender Aufsichtsratschef der Kelag.

Wieder direkt zur RWE

Gerade wegen des "grünen Stroms" war die RWE 2001 bei der Kelag eingestiegen, indem sie 49 Prozent der Kärntner Energieholding kaufte und damit durchgerechnet rund ein Drittel der Kelag erwarb. 2012 kaufte die RWE vom Land um 100 Millionen Euro weitere Anteile ab und hält nun 12,85 Prozent direkt an der Kelag bzw. durchgerechnet in Summe rund 38 Prozent. 2016 packte die RWE ihre Ökostromsparte in die innogy AG und brachte sie an die Börse.

Doch nun wollen sich die deutschen Energieriesen RWE und E.ON den Strommarkt neu aufteilen: das Netzgeschäft und den Vertrieb zur E.ON, die Stromerzeugung und der Ökostrom zur RWE. Dafür übernimmt die E.ON die 77 Prozent innogy-Anteile von RWE, die dafür 16 Prozent an der E.ON erhält. Ein Stromschlag am Energiemarkt, mit dem die innogy zerschlagen wird, wobei ihre Ökostrom-Aktivitäten an die RWE gehen. Die Kelag-Anteile, die anfangs bei der RWE Plus, dann von RWE Deutschland zu innogy kamen, gehen wieder zurück an die RWE.

Turbulenzen in Essen

Die Turbulenzen in Essen dauern schon lange an. Mit ihren Atom- und Kohlekraftwerken kam die RWE massiv unter Druck. Die klammen Städte Essen, Bochum und Dortmund, aus deren Stadtwerken die RWE hauptsächlich hervorgegangen war, mussten in der Krise des Konzerns auf Dividenden verzichten. So hatte die RWE stark auf die innogy gehofft. Für 2016 warf sie noch 680 Millionen Euro Dividende an die RWE ab. Doch der Kurs der innogy-Aktie, der bei 36 Euro startete, zündete nie richtig und stürzte im Dezember 2017 nach einer Gewinnwarnung wegen hoher Verluste im Strom- und Gasgeschäft in Großbritannien ab. innogy-Vorstand Peter Terium wurde vor Weihnachten vor die Tür gesetzt, Personalvorstand Uwe Tigges übernahm die Geschäfte.

Italien-Gerüchte, Säureanschlag

Schon zuvor war bekannt geworden, dass RWE die innogy-Anteile an den italienischen Enel-Konzern verkaufen wolle. Doch die mit 38 Milliarden Euro Schulden belastete Enel hätte die innogy über ihre spanische Tochter Endesa erwerben wollen. Die Kelag-Anteile wären so in südeuropäische Hände gelangt.
Vor wenigen Tagen sorgte auch noch ein Säureanschlag auf innogy-Ökostrom-Vorstand Bernhard Günther für Entsetzen. Zwei unbekannte Täter hatten Günther in einem Park überfallen und ihm Säure ins Gesicht geschüttet. Der Manager erlitt lebensgefährliche Verletzungen, ist inzwischen aber in stabilem Zustand.

Aktionäre jubeln, Belegschaft in Sorge

Den Plan von RWE und E.ON fanden Aktionäre gestern super. innogy-Aktien stiegen bis zu 16 Prozent, RWE-Aktien um 14 Prozent, die der E.ON um sechs Prozent. innogy-Vorstand  Tiggers hielt gestern an den Investitionplänen für Ökoenergie fest. In der Belegschaft gibt es aber Sorgen um den Erhalt der Arbeitsplätze, insbesondere im Vertrieb und in der Verwaltung.

Merkel sieht Plan positiv für Energiewende

Bundeskanzlerin Angela Merkel griff den Wettbewerbsbehörden bis hinauf zur EU-Kommission schon einmal vor: "Ich habe Vertrauen in unsere Energieunternehmen, dass sie auf jeden Fall die beste Variante suchen, wie sie die Energiewende und die nachhaltige Energieversorgung schaffen können", lobte sie den Deal, mit dem die Energieriesen RWE und E.ON den Markt aufteilen wollen: E.ON mit innogy wäre zuständig für Netze und die Versorgung der Kunden mit Strom und Gas, RWE würde Kraftwerke betreiben und Strom erzeugen. Deutsche Konsumentenschützer warnten allerdings vor höheren Strompreisen.

E-Control will achtsam sein

In Österreich, wo die RWE-Tochter innogy maßgeblich an der Kelag beteiligt ist, will die E-Control Auswirkungen genau beobachten. Teile der betroffenen Unternehmen seien auch in Österreich tätig, zum Beispiel am Erdgasspeichermarkt, sagte E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch.