Herr Wäg, Kastner & Öhler ist 145 Jahre alt. Angesichts von übermächtigen Internet-Konkurrenten: Wird das Mode- und Sportunternehmen den 150. Geburtstag unbeschadet feiern?
MARTIN WÄG: Wir arbeiten energisch daran, dass wir weit über das 150. Jahr hinauskommen werden. Wir fühlen uns stark, haben ein gutes Jahr hinter uns, und sind als Mode- und Sportunternehmen mit zwei Branchen sehr gut aufgestellt.

Was sind die Vorteile, die K&Ö gegenüber Online-Riesen hat?
Bei allem Tollen, was bei online passiert, es werden noch immer 80 bis 85 Prozent des Marktvolumens stationär abgewickelt. Es gibt also etwas, was Menschen nach wie vor in die Geschäfte treibt. Aus meiner Sicht sind es die menschlichen Kontakte, die da möglich sind.

Wie wichtig ist den Menschen, dass sie Dinge auch angreifen können?
Das ist ein zentrales Thema! Man braucht Kunden nur zuzuschauen, wie sie die Ware anschauen, angreifen und probieren. Wer kann ein Fahrrad kaufen, ohne sich einmal draufzusetzen? Oder einen Sportschuh, ohne ihn am Fuß zu fühlen? Das gibt dem stationären Handel nach wie vor eine ganz hohe Berechtigung.

Was sind die Nachteile gegenüber den Onlinekonzernen?
Das Internet hat der Verfügbarkeit von Waren eine ganz hohe Bedeutung gegeben. Mit dem Smartphone haben die Menschen es in der Hand, immer und überall zu suchen und zu kaufen. Dem müssen wir uns stellen.
Sie sind 2013 in das Onlinegeschäft eingestiegen.

Sind Sie da in letzter Minute auf einen rasenden Zug aufgesprungen?
Nein, das war genau die Zeit, wo sich das Smartphone durchgesetzt hat, und wir sind in den anfahrenden Zug eingestiegen. Damit war es uns möglich, schnell unseren Weg zu finden und eine schöne Entwicklung zu nehmen. Noch ist der Onlineumsatz ein geringerer Teil, aber er kommt schon an mittlere Filialen heran. Das Online-Angebot ist aber auch wichtig für das Informieren und Gustieren. Wir beobachten bei den Kunden, dass sie online etwas anschauen und dann ins Geschäft gehen und dort kaufen.

Beobachten Sie den umgekehrten Effekt auch?
Das gibt es, ist aber ein wesentlich geringerer Faktor. Genau deswegen ist es wichtig, dass die Kunden bei uns auch im Onlineshop bestellen können. Denn wir werden die Menschen nicht umerziehen, damit sie nicht online bestellen.

Einkaufsverhalten und Geschmack wandeln sich rasch. Wie schafft man es da, das richtige Sortiment anzubieten?
Das richtige Sortiment ist eine der zentralsten Aufgaben eines Händlers. Die bewusste Entscheidung, was wollen wir anbieten, wie wollen wir es anbieten, wie wollen wir es präsentieren. Man muss gute Mitarbeiter haben, seine Kunden gut kennen, man muss voraus denken, um Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen.

Sie haben nach ein paar nicht so guten Jahren den „turn around“ geschafft. Blicken Sie jetzt zuversichtlich in die Zukunft?
Das Geschäft in Österreich ist immer gut gelaufen. Schwierigkeiten haben die Auslandsaktivitäten gemacht, die haben wir beendet und verdaut. Graz wurde neu aufgestellt und hat jetzt eine Strahlkraft für das ganze Unternehmen. Wenn Wiener beschließen, zum Shopping am Wochenende nach Graz zu fahren, dann hat man etwas richtig gemacht.

Erstegroup Chef Andreas Treichl sagt, die größte Gefahr für sein Unternehmen sei die Politik. Was erwarten denn Sie sich standortpolitisch von der neuen Regierung?
Dass jetzt mit Weitblick gearbeitet wird, die Dinge wirklich angegangen werden und nicht jeder mit seiner Brille, in seinem Eck sein Klientel zufriedenzustellen versucht. Das ist nicht Politik. Konkret auf den Handel bezogen, würde ich mir wünschen, behutsam mit dem Thema Erreichbarkeit in Städten umzugehen.

Sie sprechen das Thema Fahrverbote in Innenstädten an.
Ja! Mit Fahrverbotsmaßnahmen die Erreichbarkeit von Stadtzentren unmöglich zu machen, das bringt den Handel in den Innenstädten in eine große Bedrängnis. Und das in Zeiten, wo jemand aus einem anderen Land ganz leicht mit dem Postpaket Ware nach Österreich schicken kann.

Sie sind der Ururenkel von Firmenmitbegründer Carl Kastner, ist es etwas besonderes, ein Familienunternehmen zu führen?
Ja, weil man jeden Eigentümer kennt. Ich glaube auch, dass das Familienunternehmen Einfluss hat auf das Miteinander im Unternehmen und auf die Beziehung zum Kunden.