Nach der Ankündung des US-Präsidenten Donald Trump, Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte zu verhängen, dreht sich die Eskalationsspirale nach Oben. Schon vor dem Wochenende hat die EU mit Gegenmaßnahmen gedroht, woraufhin Trump auch Zölle auf Autos aus der EU ins Spiel gebracht hat. Heute, Mittwoch, will die EU-Kommission beraten, wie man auf eine mögliche Einführung von Strafzöllen reagieren soll.

Angesichts von Exporten in Höhe von 375 Milliarden Euro in die USA hat die EU jedoch wenig Interesse an einem Handelskrieg auf breiter Front. Vor allem weil die Segmente Stah und Aluminium nur rund sechs Milliarden Euro ausmachen. Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass mögliche US-Strafzölle unbeantwortet bleiben

Die EU könnte Trump unter Androhung konkreter Gegenmaßnahmen auch eine Frist setzen, die Zölle wieder zurückzunehmen. "Wir könnten Washington noch ein paar Monate geben", sagt ein EU-Diplomat. Er räumt aber ein, dass kaum jemand in der EU glaubt, dass dies bei Trump Wirkung zeigen würde. "Wenn der Beschluss für Strafzölle erst einmal gefasst ist, ist unwahrscheinlich, dass sie bald wieder zurückgenommen werden."

US-Produkte mit Strafzöllen belegen

Die EU bereitet bereits seit dem vergangenen Jahr mögliche Strafzölle auf US-Produkte vor. Darauf befänden sich zu etwa gleichen Teilen Stahl, Gebrauchsgegenstände und Lebensmittel/Getränke. In letztere Kategorie mit einem Volumen von knapp einer Milliarde Euro fällt neben Orangensaft und Whiskey auch Mais aus den USA. Die zweite Warengruppe umfasst Hemden, Jeans und andere Textilien, Schuhe, Kosmetik, Motorräder und Boote. Sie ist gut eine Milliarde Euro schwer. Insgesamt stehen auf der EU-Liste US-Produkte im Wert von 2,8 Mrd. Euro.

Laut EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sind dabei auch Strafzölle auf typisch amerikanische Produkte wie Bourbon-Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder oder Levi's-Jeans in Vorbereitung. Dies könnte teils auch gezielt Bundesstaaten von politischen Unterstützern Trumps treffen.

Beschwerde bei der WTO einlegen

Die EU könnte auch vor der Welthandelsorganisation WTO Beschwerde gegen Trumps Strafzölle einlegen. Die WTO-Verfahren sind allerdings lang. Bei Erfolg sind aber Sanktionen in Milliardenhöhe denkbar. Trump hat jedoch bereits gedroht, die WTO zu verlassen und blockiert die Ernennung neuer Richter für das Streitschlichtungsgremium der Organisation.

"Schutzmaßnahmen" verhängen

Auch sogenannte Schutzmaßnahmen (englisch: safeguard measures) sind im Notfall nach den WTO-Regeln möglich, wenn Einfuhren eine ernsthafte Schädigung der heimischen Industrie zu verursachen drohen. Sie würden angesichts eines eher geringen Importvolumens weniger die USA treffen, sondern vor allem andere Exportländer.

Denn die EU befürchtet "Sekundäreffekte" durch die US-Einfuhrbeschränkungen: Stahlproduzenten wie Brasilien, Russland, Südkorea, Taiwan oder die Türkei könnten versuchen, ihre in den USA nicht mehr wettbewerbsfähigen Produkte auf den europäischen Markt umzulenken.

Immer mehr Warnungen

Angesichts des Bedrohungszenarios eines Handelskrieges gibt es beiderseits des Atlantiks immer mehr warnende Stimmen. Der republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Paul Ryan, hat sich am Dienstag erneut kritisch zu der Ankündigung des Präsidenten geäußert. "Ich glaube die schlauere Vorgehensweise bestünde in einem präziseren und gezielteren Ansatz. Ich glaube, der aktuelle Plan ist ein bisschen zu weit gefächert und könnte eher zu Gegenmaßnahmen führen", sagte Ryan in Washington. Er schlug der Regierung mit Blick auf China vor, gezielter gegen "die wirklichen Übeltäter" vorzugehen, jedoch unbeabsichtigte Konsequenzen zu vermeiden.

Jetzt tritt sogar der Wirtschaftsberater im Weißen Haus, Gary Cohn, zurück. Cohn war zuvor in einem internen Ringen um den Kurs in der Handelspolitik unterlegen. Er hatte sich gegen die Strafzölle auf Aluminium und Stahl gestemmt, die Präsident Donald Trump in der vergangenen Woche angekündigt hatte.

Die US-Unternehmen Levi's und Harley-Davidson haben ihrerseits mit Unverständnis auf mögliche Strafzölle der EU auf ihre Jeans und Motorräder reagiert. "Wir unterstützen offene Märkte und freien Handel, in dem sich jeder an die Regeln hält", sagte ein Sprecher des Bekleidungsunternehmens Levi's. Auch der Motorradhersteller Harley-Davidson erklärte, er unterstütze "freien und fairen Handel".

Europas Autoindustrie warnt ebenfalls vor einer Eskalation. Zehn Prozent des gesamten Handels zwischen EU und USA entfallen auf Kraftfahrzeuge. Auf dem Autosalon in Genf mahnten deshalb viele Manager zur Besonnenheit: Ruhig reagieren und Gespräche anbieten, riet VW-Chef Matthias Müller. Selbst der für markige Worte bekannte Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne sagte: "Wir müssen warten, bis der Lärm aufhört." PSA-Chef Carlos Tavares vor voreiligen Schlüssen gewarnt. "Zwischen einer Verhandlungsposition und einer endgültigen Entscheidung gibt es einen Unterschied."

Auch Mexiko droht mit Gegenmaßnahmen

Die Pläne des US-Präsidenten stoßen auch beim Nafta-Mitglied Mexiko auf Unverständnis. Mexiko hat für den Fall von US-Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte Gegenmaßnahmen angekündigt. Sein Land sei durchaus in der Lage zu reagieren und werde dann Zölle auf "politisch sensible" Güter aus den USA erheben, sagte Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo am Dienstag dem Sender Televisa.

Derzeit analysiere die mexikanische Regierung, welche Produkte infrage kämen. Mexiko werde sie dann bekanntgeben, wenn klar sei, was genau die US-Regierung tue.

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