Die Kunden sind ins Internet verschwunden, und dort ist die Konkurrenz hart: Das Erotik-Unternehmen Beate Uhse ist pleite. Die Aktiengesellschaft, seit 1999 an der Börse, habe Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt, teilte das deutsche Unternehmen am Freitag mit.

Vorstandschef Michael Specht betonte, er wolle das Unternehmen in Eigenverwaltung sanieren und fortführen. Er ist erst seit April an Bord.

Jahrzehnte versorgte das Unternehmen aus Flensburg die Deutschen per Versandhandel mit Sexfilmen, Dessous und Sexspielzeug, die Läden in Deutschlands Innenstädten waren Publikumsmagneten. Mittlerweile ist der Katalogversand eingestellt, die Zahl der Filialen auf 43 geschrumpft. Online macht Beate Uhse mittlerweile mehr als ein Drittel des Umsatzes. Er betrug nach einer letzten "Zwischenmitteilung im zweiten Halbjahr 2016" insgesamt rund 100 Millionen Euro jährlich.

Beate Uhse im Jahr 1999
Beate Uhse im Jahr 1999 © dpa/dpaweb

Grund für die bevorstehende Zahlungsunfähigkeit ist, dass die Firma eine Anleihe nicht mehr bedienen konnte. Das Unternehmen hatte sie 2014 ausgegeben und dafür 30 Millionen Euro bekommen. Sie läuft bis 2019. In den vergangenen Monaten habe sich das Unternehmen um eine Umschuldung bemüht, erklärte Specht, und zudem mit Investoren über einen weiteren Finanzzuschuss verhandelt. Es "konnte zuletzt jedoch keine Einigung erzielt werden".

Aufrechter Geschäftsbetrieb

Specht betonte, die Insolvenz betreffe ausschließlich die Aktiengesellschaft und damit nur zehn Mitarbeiter, die nun die kommenden drei Monate Insolvenzgeld von der Bundesarbeitsagentur erhielten. Die Tochtergesellschaften hielten den Geschäftsbetrieb "uneingeschränkt aufrecht". Das Unternehmen hat insgesamt 345 Mitarbeiter in sieben Ländern.

Der Vorstandschef übte harsche Kritik an seinen Vorgängern: Das Unternehmen habe in den letzten Jahren unter zahlreichen Managementwechseln und strategischen Fehlentscheidungen gelitten, erklärte Specht.

Diese Fehler führten zur Pleite

"Der Ausbau des Online-Handels wurde zögerlich und unsystematisch betrieben, wichtige Entwicklungen im stationären Handel wurden verpasst, die Produktpolitik war nicht strategisch, sondern zufällig und reaktiv. Die Verkaufskanäle online und Filialen führten ein asynchrones Eigenleben, anstatt den Kunden kanalübergreifend ein nahtloses Einkaufserlebnis zu bieten." So seien in Deutschland "signifikant" Marktanteile verloren gegangen. In Frankreich dagegen sei Beate Uhse noch Marktführer.

Ein Neuanfang "in eine nachhaltig positive Zukunft" sei aber möglich, erklärte Specht. Die "wesentlichen Gläubiger" des Unternehmens stünden der Sanierung positiv gegenüber und hätten ihre Unterstützung zugesagt. Und Beate Uhse stehe für über 70 Jahre Branchenerfahrung und Expertise in der Erotikbranche.

"Am 27. Mai 1999 stolzierten an der Frankfurter Börse knapp bekleidete Models herum und verteilten außergewöhnliche Süßigkeiten: in schwarzes Papier gewickelte Busen aus Schokolade. Der Erotik-Konzern Beate Uhse feierte damals seine Erstnotiz", blickt das "Handelsblatt" zurück. "Die zu diesem Zeitpunkt noch lebende Gründerin posierte für Fotos neben dem Bullen vor dem Gebäude. Die Aktie, die es auch als dekorativen Papierausdruck gab, sollte binnen weniger Tage von 13,50 Euro auf über 28 Euro steigen." 18 Jahre später notierte die Aktie nur noch bei neun Cent.